Freispruch gegen Polizisten aufgehoben: Oury-Jalloh-Prozess wird wiederholt

Der BGH in Karlsruhe hat entschieden, dass der Feuertod des Afrikaners in einer Dessauer Polizeizelle neu aufgerollt wird. Das Urteil des Landgerichts weise Lücken auf.

Oury-Jalloh-Gedenkdemo zum 4. Todestag am 7. Januar 2009 in Dessau. Bild: dpa

DESSAU taz/dpa | Als das Landgericht Dessau-Roßlau im Dezember 2008 zwei angeklagte Polizeibeamte vom Verdacht der Mitschuld am Feuertod des afrikanischen Asylbewerbers Oury Jalloh freisprach, reichten die Reaktionen von Enttäuschung bis zu offener Empörung. Staatsanwaltschaft und Nebenklage beantragten umgehend Revision. Am heutigen Donnerstag, dem fünften Todestag Jallohs, hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe nun entschieden, dass der Fall erneut aufgerollt werden muss.

Es ging speziell um den ehemaligen Dienstgruppenleiter Andreas S., während der Freispruch für seinen Kollegen Hans-Ulrich M. auch von der Staatsanwaltschaft gefordert worden war. Nach Auffassung der Karlsruher Richter weist das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom Dezember 2008 zahlreiche Lücken auf. Die Richter des BGH äußerten zudem Zweifel daran, ob der Ablauf des Geschehens am Tag des Brandes vom Landgericht zutreffend festgestellt wurde. Die Richter in Sachsen-Anhalt hatten einen Dienstgruppenleiter vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen. Der aus Sierra Leone stammende 23-Jährige war genau vor fünfJahren in einer Polizeizelle verbrannt.

In den Morgenstunden des 7. Januar 2005 wurde der junge Afrikaner Jalloh festgenommen. In angetrunkenem Zustand soll er mit Reinigungsarbeiten beschäftigte Frauen belästigt haben. Weil er Widerstand leistete, wurde er in einem Keller des Dessauer Polizeireviers auf eine Pritsche gefesselt. Alarmsignale des Rauchmelders aus der Zelle zur Mittagszeit wurden vom Dienstgruppenleiter zunächst ignoriert. Dabei sollen auch rassistische Äußerungen gefallen sein. Als die Beamten schließlich reagierten, kam wegen heftiger Rauchentwicklung in der Zelle bereits jede Hilfe für den Afrikaner zu spät. Oury Jalloh verbrannte, weil er gefesselt angeblich seine Matratze mit einem Feuerzeug selbst angezündet haben soll.

Gutachter kamen schon 2006 zu dem Schluss, dass der Asylbewerber hätte gerettet werden können. Seine ebenso schrecklichen wie mysteriösen Todesumstände wurden in dem langwierigen und mehrfach unterbrochenen Prozess nie geklärt.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) ermahnte nach dem Urteil die Beamten, pflichtgemäß zur Wahrheitsfindung beizutragen.

In umfangreichen Analysen und Stellungnahmen setzen sich Menschenrechtsorganisationen und die Gedenkinitiative Oury Jalloh weiterhin mit dem Fall auseinander. Auch am heutigen fünften Todestag beginnt am Dessauer Hauptbahnhof um 14 Uhr eine Demonstration.

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