Friedliches Finale einer Hausbesetzung: Ein Heim für Tiere

Eine Hausbesetzung in der Neustadt wurde nach nur wenigen Stunden beendet. Nicht von der Polizei, sondern durch ein Fax des Hauseigentümers: Er will verhandeln.

Kurzzeitig besetzt: Ein seit Langem leer stehendes Haus in der Bremer Neustadt. Bild: Jan-Paul Koopmann

BREMEN taz | Am Dienstagmorgen haben autonome AktivistInnen ein Haus in der Neustadt besetzt – für einige Stunden. Das Gebäude steht auf dem Gelände einer Waschstraße an der Neuenlander Straße, wird dort aber seit Jahren nicht genutzt. Unbemerkt von den MitarbeiterInnen des Unternehmens haben sich die BesetzerInnen in das Haus geschlichen und sich dort eingeschlossen.

Als Bremer Stadtmusikanten verkleidet posieren sie am Fenster und werfen mit Süßigkeiten und Luftballons. Nur sprechen wollen sie nicht. Mit der Polizei nicht und auch nicht mit dem Eigentümer. Das ist der Geschäftsführer der bundesweiten Waschanlagenkette mit Sitz in Essen.

Für sowas haben sie ihre SprecherInnen draußen: Erika und Heinrich. Oder Heinz. Er ist sich später nicht mehr ganz sicher. Das sei keine symbolische Besetzung, sagt Erika: „Wir wollen das Haus.“ Für Veranstaltungen vielleicht, oder einfach, um sich zu treffen. „Sozialer Raum“ jedenfalls, denn davon gäbe es in der Stadt zu wenig, sagt sie.

Zwischennutzung mit Verträgen und städtischen Auflagen lehnen sie ab. Vor allem wollen sie keine Miete zahlen. „Ganz oder gar nicht“, sagt Erika. Kurz nachdem die Transparente an den Fenstern hängen, tauchen die UnterstützerInnen auf: Ein kleiner Demozug mit Konfetti und Trommlern. Gesungen wird auch: Musik von „Ton, Steine, Scherben“, versteht sich.

Inzwischen ist auch die Polizei mit zwei Streifenwagen vor Ort. Um zu vermitteln. Zunächst mit dem Filialleiter, der hier das Hausrecht für das Unternehmen ausübt. Was die Leute mit dem alten Haus vorhätten, will er wissen. Erika und Heinz-Heinrich erklären es.

Ob Heinz selbst im Haus gewesen sei, fragt ein Polizist betont beiläufig. Ob es da einsturzgefährdet sei. Heinz war nicht drin, sagt er: „Das wäre ja Hausfriedensbruch.“ Die Sicherheit hätten die Leute drinnen aber bestimmt im Blick. Die Räume machen tatsächlich einen intakten Eindruck. Die BesetzerInnen sind aber sichtlich nicht die Ersten, die sich hier Zutritt verschafft haben: Eingeschlagene Fenster wurden durch Spanplatten ersetzt.

Und während die SprecherInnen draußen versuchen, den Eigentümer ans Telefon zu bekommen, verschwinden bereits die ersten Unterstützer. „Es wäre schön, wenn’s klappt“, sagt einer noch. So richtig glauben kann er es aber nicht. Er war auch schon bei der Besetzung im August dabei. „Notfalls machen wir das so lange, bis es irgendwo klappt.“

Endlich hat ein Aktivist den Eigentümer am Polizeihandy und verhandelt. Der Polizei-Einsatzleiter ist sichtlich zufrieden. Er macht nicht den Eindruck, als wolle er das Haus gerne räumen. Nach zähem Hin und Her haben die BesetzerInnen dann sogar ein handschriftliches Fax: Der Eigentümer ist bereit, seine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zurückzuziehen – unter der Voraussetzung, dass die BesetzerInnen jetzt gehen. Dann aber würde er sich sogar mit der Gruppe treffen, um über das Haus zu verhandeln. In zwei Wochen.

Die Bilanz: Keine Strafanzeige und ein Treffen, um über eine Zwischennutzung zu verhandeln, zumindest bis das Gebäude abgerissen wird – in ein oder zwei Jahren vielleicht –, um dann Platz für eine Autostaubsauger-Halle zu machen. Um halb zwei öffnen sich die Türen und die Stadtmusikanten ziehen im Schutz ihrer UnterstützerInnen ab. Manchen fehlt das Wort „mietfrei“ auf dem Fax, aber die meisten sind zufrieden.

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