Fußball-Projekt in Palästina gestoppt: Auftrag zur Konfrontation

Der palästinensische Verbandspräsident will den Ausschluss Israels aus der Fifa forcieren. Der DOSB steigt nun aus einem Projekt in Palästina aus.

Jibril Rajoub steht an einem Rednerpult und hält eine rote Papierkarte in der Hand

Mann mit Vergangenheit: Verbandspräsident Jibril Rajoub mag Atomwaffen Foto: dpa

Der Deutsche Olympische Sportbund verkündet Bemerkenswertes. Weil „sich nicht alle Partner zu den hohen Werten des Sports bekennen“, teilt DOSB-Sprecherin Ulrike Spitz der taz mit, habe sich die deutsche Seite entschieden, ein noch vor wenigen Wochen angekündigtes Projekt zur Förderung des palästinensischen Fußballs zu verlassen: Man hat sich „als DOSB daraus zurückgezogen“.

Mit 400.000 Euro, die vom Auswärtigen Amt kommen, sollte sich der deutsche Trainer Gert Engels zwei Jahre lang um die Professionalisierung des Fußballs im Westjordanland und im Gazastreifen kümmern. Dieses Projekt hat der DOSB nun „neu bewertet“. Sprich: Daraus wird nichts.

Aus dem Auswärtigen Amt allerdings ist zu hören, man sei weiter bereit, „mit interessierten Trägern zusammenzuarbeiten“. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas habe bei seinem Deutschlandbesuch sogar eingewilligt, Vorwürfe prüfen zu lassen.

Anfang Februar 2017 hatte der deutsche Regierungsvertreter in Ramallah, Peter Beerwerth, mit dem höchsten Sportfunktionär der Palästinensischen Autonomiebehörde, Jibril Rajoub, eine „Absichtserklärung“ unterzeichnet. Rajoub, das hätte Beerwerth wissen können, ist aber nicht nur Präsident des Palästinensischen Fußballverbandes, sondern auch Militärberater im Rang eines Generalmajors – und zwar einer mit Vergangenheit. Angeblich soll er 1996 Mitglieder der islamistischen Hamas eigenhändig erschossen haben. 2003 machte ihn Palästinenserpräsident Jassir Arafat zum Sicherheitschef; Foltervorwürfe wurden erhoben und bis heute nicht widerlegt. Im Jahr 2013 erklärte Rajoub in einem Fernsehsender: „Wenn wir Atomwaffen hätten, würden wir sie benutzen.“

Kritik vom Simon-Wiesenthal-Zentrum

Auch seinen Job als Sportfunktionär verstand Rajoub stets als Auftrag zur Konfrontation – vor allem mit Israel. Im Jahr 2012 kanzelte er die Bitte von Angehörigen der Opfer des Münchner Olympiaanschlags von 1972 um eine Schweigeminute als „rassistisch“ ab. Ein Jahr später verhinderte er ein Fußballspiel zwischen Israelis und Palästinensern mit der Begründung, Israelis seien „Nazis“. Immer wieder gibt es Meldungen, dass Fußballturniere und -pokale, die von Rajoubs Verband organisiert oder ausgelobt werden, nach „Märtyrern“, also nach bei Suizidanschlägen ums Leben gekommenen Mördern benannt werden.

Aus diesen Gründen hatte das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem scharf gegen die deutschen Pläne einer Sportförderung in den palästinensischen Gebieten protestiert – zumal die an keine Bedingungen gekoppelt waren. Auch Makkabi Deutschland, der jüdische Sportverband, der Mitglied des DOSB ist, kritisierte das Projekt. „Die Gelder müssen eingefroren werden, bis die palästinensische Seite den Nachweis erbracht hat, dass sie sich grundlegend ändert“, hatte Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, gefordert.

Die Kritik hat beim DOSB offensichtlich zu Bewegung und Selbstkritik geführt. Nicht aber auf Seiten von Jibril Rajoub, der sich dieser Tage wieder der medialen Offensive widmet. Am Donnerstag meldete sich Rajoub in Zürich, dem Sitz des Weltfußballverbands Fifa, zu Wort. Die Fifa hatte nämlich ihren lang erwarteten Bericht diskutiert, ob israelische Vereine, die in den umstrittenen Siedlungen beheimatet sind, im israelischen Ligabetrieb mitspielen dürfen. Sechs solche Klubs gibt es, doch die palästinensische Seite sagt, das sei illegal. Daher müsse Israel aus der Fifa ausgeschlossen werden.

Rajoub verhinderte ein Spiel zwischen Israelis und Palästinensern, weil Israelis „Nazis“ seien

Die Fifa-Kommission, die unter Vorsitz des südafrikanischen Funktionärs Tokyo Sexwale getagt hatte und der auch Rajoub und Israels Verbandschef Ofer Eini angehörten, soll sich eine „stürmische“ Debatte geliefert haben, wie Insider verrieten. Wohl auch deshalb sagte Rajoub der Nachrichtenagentur AFP, er rechne nicht mit einer Vereinbarung. „Die Frage ist, ob die Israelis Völkerrecht und Fifa-Statuten anerkennen“, dekretierte Rajoub, „oder ob sie wie ein Nachbarschaftsrüpel die Drangsaliererei fortsetzen.“

Die Fifa-Kommission will ihren Bericht erst im Mai vorlegen. Ob auch sie einen klaren Verstoß Israels erkennen wird, ist allerdings keineswegs ausgemacht. So ungewöhnlich ist es nämlich international nicht, dass Vereine im Ligabetrieb eines benachbarten Verbandes antreten – zumal wenn sie, wie es im Falle von Klubs aus Siedlungen im Westjordanland zu vermuten ist, in einer Liga des vermeintlich offiziell für sie zuständigen Verbandes alles andere als erwünscht wären.

Rajoub irritiert all das nicht. Gegenüber dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira sagte er: „Wenn das Problem nicht gelöst wird, haben wir keine andere Wahl. Dann werden wir auf dem nächsten Fifa-Kongress in Bahrein Sanktionen gegen den israelischen Verband beantragen.“

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