G7 über Gesundheit und Wirtschaft: Pandemiebekämpfung im Fokus

Die G7-Staaten verkünden einen Gegenentwurf zu Chinas „Neuer Seidenstraße“. Außerdem wollen die Westmächte ärmeren Ländern eine Milliarde Impfdosen spenden.

G7 Mitglieder sitzen an einem runden Tisch

Vereint im Kampf gegen die Pandemie: Die G7 am runden Tisch Foto: ap

CARBIS BAY afp/dpa | Die G7-Staaten setzen ihren Gipfel im englischen Cornwall am Samstag mit Beratungen über Wirtschaftsfragen, Gesundheit und Außenpolitik fort. Als Gegengewicht zum wachsenden Einfluss Chinas in der Welt haben die westlichen Wirtschaftsmächte eine globale Initiative für Infrastrukturprojekte gestartet. Wie das Weiße Haus am Samstag mitteilte wollen die Staats- und Regierungschefs ärmeren Ländern dabei „werteorientierte, hochwertige und transparente“ Partnerschaften anbieten.

Der Infrastrukturplan für ärmere und aufstrebende Länder wurde auf Initiative von US-Präsident Joe Biden beschlossen. Er soll ein Gegenentwurf zur „Neuen Seidenstraße“ sein, über die Peking den Ausbau von Verkehr-, Handels- und Industrie-Infrastruktur in zahlreichen Ländern vorantreibt. Zahlreiche Länder, darunter die USA, sehen den wachsenden Einfluss Chinas kritisch und werfen der Volksrepublik vor, Projekte des Programms als Hebel zu nutzen, um ihren geopolitischen Einfluss auszuweiten.

Am Nachmittag wird es wohl um die Frage gehen, ob der Patentschutz für Impfstoffe ausgesetzt werden soll, um deren Produktion in Entwicklungsländern zu fördern. Die US-Regierung hatte die Diskussion darüber angestoßen. Bundeskanzlerin Angela Merkel stemmt sich dagegen. Zu den prinzipiellen Befürwortern gehört neben US-Präsident Joe Biden unter anderem der französische Präsident Emmanuel Macron.

Trotz Differenzen in diesem Punkt ziehen die USA unter Biden nach Jahren der Krise wieder mit den anderen führenden westlichen Demokratien an einem Strang. Biden will die traditionellen Verbündeten der USA bei seiner ersten Auslandsreise zum Schulterschluss bewegen, um Autokratien wie in Russland und China geschlossen entgegenzutreten. Zum Abschluss seiner ersten Europareise als US-Präsident wird Biden am kommenden Mittwoch in Genf mit Kremlchef Wladimir Putin zusammentreffen.

Merkel sagte, Biden „repräsentiert das Bekenntnis zum Multilateralismus, das uns in den letzten Jahren gefehlt hat“. Die „Amerika Zuerst“-Politik von Bidens Vorgänger Donald Trump hatte die G7 an den Rand der Spaltung gebracht.

Gemeinsame Gesundheitserklärung geplant

Der G7 gehören neben den USA, Großbritannien und Deutschland Frankreich, Italien, Japan und Kanada an. Als Gastländer sind ab Samstagnachmittag auch Australien, Südkorea, Südafrika und Indien dabei. Die indische Delegation nimmt wegen der angespannten Pandemielage im Land nur virtuell teil. Es ist der erste G7-Gipfel mit dem neuen US-Präsidenten Biden und der letzte mit Merkel. Am Sonntag sollen die Beratungen mit einer Abschlusserklärung enden.

Biden soll am Rande des Gipfels zum ersten Mal seit seiner Amtsübernahme persönlich mit Merkel zusammenkommen. Am Freitag wurde bekannt, dass Merkel am 15. Juli nach mehr als drei Jahren erstmals wieder im Weißen Haus in Washington empfangen wird. Wegen dieses Treffens in Washington wurde erwartet, dass es beim G7-Gipfel nur ein kurzes persönliches Gespräch mit Biden geben würde.

Der britische G7-Vorsitz teilte in der Nacht zu Samstag mit, die Gruppe der großen Industrienationen wolle bei ihrem Gipfel eine „Gesundheitserklärung von Carbis Bay“ verabschieden. Vorgesehen sei, die Entwicklung von Impfstoffen, Behandlungsmethoden und Diagnosen für künftige Krankheiten auf unter 100 Tage zu drücken.

Aktionsplan: Spende von 1 Milliarde Impfdosen

In einer Mitteilung des Weißen Hauses hieß es, die Verpflichtung zur Spende von einer Milliarde Impfdosen bilde die Grundlage für ein Paket von G7-Maßnahmen zur Beendigung der Pandemie im nächsten Jahr. Ein Aktionsplan, der bei dem Treffen beschlossen werde, umfasse die Impfung der weltweit am stärksten gefährdeten Menschen, die Bereitstellung von Notvorräten und die Unterstützung des weltweiten wirtschaftlichen Aufschwungs. Bestandteil seien auch Maßnahmen, damit sich die Staatengemeinschaft auf künftige Pandemien vorbereiten und diese verhindern, erkennen sowie darauf reagieren könne.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte die Initiative der G7 zu Impfspenden zwar, mahnte aber deutlich mehr Einsatz an. „Eine Milliarde ist sehr willkommen. Aber offensichtlich benötigen wir mehr als das“, sagte er am Rande des Gipfels. Es gelte, schnell zu handeln und so viele Menschen weltweit wie möglich zu schützen, bevor das Virus immun gegen Impfstoffe werde, sagte Guterres. Nötig sei ein globaler Impfplan. „Wir sind im Krieg mit dem Virus.“

Weitere Themen: gerechte und nachhaltige Wirtschaft

Die USA erwarteten vom G7-Gipfel auch einen wichtigen Impuls zur Erholung der von der Pandemie gebeutelten Weltwirtschaft. Biden und die anderen Staats- und Regierungschef seien sich einig, die globale Ökonomie solange wie nötig politisch zu unterstützen, teilte das Weiße Haus mit. Ziel sei „eine starke, ausgewogene und integrative wirtschaftliche Erholung“. Erörtert werden solle zudem, wie eine gerechtere und nachhaltigere Weltwirtschaft geschaffen werden könne.

Merkel äußerte sich beim Gipfel über die einschneidenden Folgen der Pandemie für Wirtschaft und Gesellschaft, wie es hieß. Demnach seien sich die G7 einig, dass jetzt nachhaltige Investitionen wichtig seien in den Bereichen Klima, Bildung, Forschung, Digitalisierung und für Wachstum. Der Klimaschutz ist ein weiteres wichtiges Thema bei dem Gipfel und ein zentrales Anliegen Bidens. Klimaaktivisten berichteten von Protesten in der Umgebung des Gipfels.

Das Weiße Haus teilte weiter mit, bei dem Gipfel werde eine Unterstützung für den US-Vorschlag für eine globale Mindeststeuer erwartet. Große Digitalkonzerne wie Apple oder Google sollen demnach künftig weltweit mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Die G7-Finanzminister hatten bei dem Thema in der vergangenen Woche einen Durchbruch erzielt. In einem nächsten Schritt sollen die G20-Staaten – eine umfassendere Gruppe führender und aufstrebender Wirtschaftsnationen – ins Boot geholt werden.

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