Gabriel und die Energiewende: Mächtig wie noch nie

Sigmar Gabriel baut das Wirtschaftsministerium aus. Er bringt Bereiche zurück, die Rot-Grün zur Umwelt wandern ließ.

Wird jetzt vom Wirtschaftsministerium gemanagt: Die deutsche Energiewende. Bild: dpa

BERLIN taz | Super-Siggi will es wissen: Für sein neues Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat sich SPD-Chef Sigmar Gabriel ein Umfeld geschaffen, das ihn zum mächtigsten Mann in der deutschen Energiepolitik macht. Das Wirtschaftsministerium, traditionell eher das Haus der kohleorientierten Bremser, soll unter ihm zur zentralen Schaltstelle der Energiewende werden. Das Umweltministerium bleibt bei der SPD und darf dabei assistieren; und das Kanzleramt bekommt mit Peter Altmaier einen Politiker, der das Thema gut kennt.

Und mit einem überraschenden Schachzug beim Personal will Gabriel den Umbau des Ministeriums forcieren und die Energiewende im Haus verankern. Denn beamteter Staatssekretär für den Bereich Energie soll Rainer Baake werden, wie die taz erfuhr. Baake, derzeit Chef des Thinktanks Agora Energiewende und davor lange Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), war bereits von 1998 bis 2005 unter dem Grünen Jürgen Trittin Staatssekretär im Bundesumweltministerium.

Dort verhandelte er maßgeblich den rot-grünen Atomausstieg. Baake gilt als exzellenter Kenner der Energiepolitik und als gut vernetzt. Sein gutes persönliches Verhältnis zu Gabriel war offenbar wichtiger als das falsche Parteiticket. Für das neue Ministerium löst Gabriel die Energieabteilungen aus dem Umweltministerium heraus.

Er bringt also wieder die Bereiche ins Wirtschaftsministerium zurück, die Rot-Grün zur Umwelt wandern ließ. Allerdings sollen die Abteilungen zum Klimaschutz und zur internationalen Klimapolitik bei Umwelt bleiben – die Klimaverhandlungen führt also in Zukunft die neue Umweltministerin Hendricks und nicht „Mister Energiewende“.

Über allem wacht Kraft

Hendricks wiederum bekommt den großen Brocken „Städtebau und Wohnungswesen“ aus dem Bauministerium. Das verdreifacht den Etat des Umweltministeriums auf knapp 5 Milliarden Euro. Und es eröffnet die Chance, sich auf den Gebieten Wärmedämmung von Häusern und Jobs fürs Handwerk im Sinne der SPD-Klientel zu profilieren. Für Gabriel bringt es die Chance, mit seiner Parteifreundin Hendricks an einem der wichtigsten und effizientesten Rädchen für eine bessere Klimapolitik zu drehen: der Wärmedämmung von Gebäuden.

Mit Hendricks hat Gabriel aber auch die NRW-SPD im Boot, deren Chefin Hannelore Kraft darüber wacht, dass Industrie und Gewerkschaften durch die Energiewende nicht leiden. So sorgte auch Kraft dafür, dass der Koalitionsvertrag etwa die Reparatur des Emissionshandels erschwert und die Ambitionen gesenkt wurden.

Gegenwind gibt es aber für Gabriel nicht nur aus der eigenen Partei. Aus den grün mitregierten Ländern hat auch Robert Habeck, Energieminister von Schleswig-Holstein, erklärt, dem Minister auf die Finger schauen zu wollen. Die „Energiewende allein unter dem Primat der Wirtschaftspolitik zu führen, ist großer Mist“, sagt Habeck. Die Energiewende müsse zur Industriewende führen.

Unterstützung kann sich Gabriel im Zweifel im Kanzleramt holen. Dort sitzt als Staatsminister Peter Altmaier, der sich in seiner Zeit als Umweltminister ebenfalls mit dem Thema vertraut gemacht hat.

Das wird bitter nötig. Eine Schonfrist bekommt Gabriel nicht: Am Dienstag soll er vereidigt werden. Und am Mittwoch will EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik einleiten. Thema: die Ausnahmen für Großbetriebe bei der EEG-Umlage und ein allgemeiner Angriff auf den Ökostrom in Europa.

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