Gaddafi-Sohn Saif al Islam: In der Wüste gefasst

Überall in Libyen wird gejubelt: Saif al Islam, der meistgesuchte Sohn Gaddafis, konnte auf seiner Flucht nach Niger festgenommen werden. Ihm soll wohl im Land der Prozess gemacht werden.

Saif al Islam nach seiner Festnahme in einem Flugzeug auf dem Weg nach Sintan. Bild: reuters

TRIPOLIS dapd/dpa | Der meistgesuchte Sohn des einstigen libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi ist in Haft: Saif al Islam wurde nach Monaten auf der Flucht im Süden des Landes festgenommen. Einen Monat nach der Tötung seines Vaters setzten ihn am Samstag Truppen des Übergangsrats in der Wüste fest, als er mit zwei Vertrauten Richtung Niger fliehen wollte. Saif al Islam war vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverbrechen auf die Fahndungsliste gesetzt worden.

Der amtierende Justizminister Mohammed al Alagi bestätigte die Festnahme, erklärte jedoch, das Ziel des Konvois sei nicht klar gewesen. Derzeit werde Saif al Islam in der Ortschaft Sintan festgehalten und demnächst nach Tripolis überstellt. Das libysche Fernsehen veröffentlichte ein Foto, das den 39-Jährigen in Haft zeigte.

Der amtierende Ministerpräsident Abdurrahim el Keib äußerte die Hoffnung, dass mit Festnahme eine neue Ära beginnen werde. "Ich bin guter Hoffnung, dass die Ergreifung von Gaddafis Sohn den Beginn eines Kapitels der Transparenz, Demokratie und Freiheit einläute", erklärte er auf einer Pressekonferenz in Sintan.

Adel al Sintani von den Sintan-Brigaden, die den Konvoi entdeckt hatten, erklärte, Saif al Islam sei um vier Uhr morgens nach einem Feuergefecht westlich der Stadt Obari festgesetzt worden. "Er trug Tuareg-Kleidung", sagte er. Bei einem Luftangriff der NATO habe Saif al Islam Verletzungen am Daumen und zwei Fingern davongetragen. Ansonsten sei er bei guter Gesundheit, erklärte ein Sprecher der Sintan-Brigaden, Osama Dschuwaid.

In Tripolis und anderen libyschen Städten löste die Nachricht von der Festnahme Jubel aus. Vielerorts feuerten die Menschen Freudenschüsse ab. "Dies ist ein Tag des Sieges, dies ist der Tag der Befreiung, endlich ist der Sohn des Tyrannen gefasst", sagte der Ingenieur Mohammed Ali auf dem Märtyrer-Platz der Hauptstadt. "Jetzt sind wir frei."

Ocampo will nach Libyen reisen

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno Ocampo, nannte die Festnahme Saif al Islams eine gute Nachricht. "Nun muss er sich vor Gericht verantworten", sagte Ocampo in Den Haag. Er werde kommende Woche nach Libyen reisen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dabei werde er mit der Übergangsregierung darüber beraten, ob Saif al Islam in Den Haag oder Libyen der Prozess gemacht werden solle.

Am Sonntagnachmittag erklärte der regierende Übergangsrat jedoch, Saif al Islam werde nicht ausgeliefert, wie der Sender al-Dschasira berichtete. Er müsse sich in Libyen vor Gericht verantworten. Das sei eine Forderung des Volkes. Der Chef des lokalen Militärrates von Sintan, Mohammed al-Chabasch, hatte zuvor gesagt, Saif al Islam solle so lange in Gewahrsam in Sintan bleiben, bis das Gerichtswesen in Libyen aufgebaut sei. Auch er forderte, dem Gefangenen müsse der Prozess im Land gemacht werden.

USA begrüßen Festanahme

Zuvor hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International noch eine baldige Überstellung des Gefangenen nach Den Haag und einen möglichst raschen Prozess gefordert. Der Gerichtshof habe einen Haftbefehl erlassen, damit sei der korrekte Weg vorgegeben, hatte Amnesty-Sprecher Marek Marczynski gesagt.

Saif al Islam wurde 1972 geboren und ist das älteste Kind von Muammar und Safija al Gaddafi. Während er zu Beginn seiner politischen Karriere als Reformer galt, unterstützte er während des Aufstands das brutale Vorgehen seines Vaters gegen die Aufständischen. Nach dem Sieg der Rebellen war Saif al Islam untergetaucht. Zuletzt war berichtet worden, dass er mit Tuareg-Nomaden an der Grenze zu Mali unterwegs sei.

Die USA bezeichneten die Festnahme des Gaddafi-Sohns Saif al Islam als Chance für Libyen. Das Ergreifung des Gesuchten und sein Prozess könnten einen weiteren Schritt aus einem dunklen Kapitel der libyschen Geschichte darstellen, erklärte das Außenministerium in Washington am Samstag. Seif al Islam Gaddafi müsse für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden, die Behandlung aller Gefangenen müsse aber internationalen Standards folgen, hieß es in der Erklärung. Die USA forderten die libysche Übergangsregierung auf, mit dem Haager Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten.

Der britische Außenminister William Hague bezeichnete die Festnahme Saif al Islams als wichtigen Schritt auf dem Weg zur libyschen Vergangenheitsbewältigung. "Seine Festnahme wird es dem libyschen Volk ermöglichen, die Herausforderung des Wiederaufbaus anzunehmen."

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