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Gaza-FlotillaMehr als nur Selfie-Yachten

Mitsuo Iwamoto
Kommentar von Mitsuo Iwamoto

Ja, die Aktion der „Global Sumud Flotilla“ ist eine Show. Sich deshalb über sie lustig zu machen, greift aber deutlich zu kurz.

Greta Thunberg und Mitstreiter verlassen mit der „Global Sumud Flotilla“ den Hafen von Barcelona (01.09.2025) Foto: Kike Rincón/Europa Press/dpa

W ieder segelt eine Flotte mit Hilfsgütern Richtung Gaza, wieder ist Greta Thunberg mit an Bord. Wahrscheinlich wird die Mission enden wie Thunbergs letzte Reise im Juni. Damals enterte die israelische Marine ihr Boot und flog die Aktivistin zurück nach Schweden. „Alle Passagiere der ‚Selfie-Yacht‘ sind in Sicherheit“, verkündete das israelische Außenministerium damals. „Die Show ist vorbei.“

Ja, auch die Aktion der „Global Sumud Flotilla“ ist eine Show. In den sozialen Medien sind die Ak­ti­vis­t:in­nen dauerpräsent, die Hilfsmission ist ein Medienevent. Sich deshalb über sie lustig zu machen, greift zu kurz. Denn eins ist klar: In Gaza-Stadt herrscht Hunger, weil Israel die Einfuhr von Hilfslieferungen blockiert. Und angesichts eines Premierministers Benjamin Netanjahu, der mittlerweile offen seine imperiale Vision eines „Groß-Israel“ propagiert, und westlicher Verbündeter, die sich bis heute nicht zu wirksamen Maßnahmen gegen Israels völkerrechtswidrige Kriegsführung durchringen können, braucht es Protest, der diesen Zustand nicht als neue Normalität akzeptiert.

Dass die Ak­ti­vis­t:in­nen der Flotilla jetzt mehr tun, als Geld zu spenden oder Petitionen zu unterschreiben, ist gut. Denn anders als Staatschefs oder CEOs bleiben der Zivilgesellschaft oft nur Kreativität und ihre eigenen Körper, um politischen Druck aufzubauen. Und dass strategisch kluger Protest wirken kann, beweisen zahlreiche Beispiele, von den Sit-ins der Bürgerrechtsbewegung in den USA bis zur Boykottbewegung gegenüber Apartheid-Südafrika.

Die Aktion der Flotilla zeigt nun, dass Gaza uns näher ist, als wir denken. Die aus ihren Häusern vertriebenen palästinensischen Kinder spielten diesen Sommer am selben Mittelmeer, an dem sich viele von uns erholten. Ihr Hunger ist menschengemacht, ihnen beizustehen möglich. Trotzdem erreicht sie nicht genug Hilfe. Dafür trägt die israelische Regierung die Verantwortung. Dass sie bis heute weder ausländischen Jour­na­lis­t:in­nen noch Hilfsorganisationen freien Zugang zum Gazastreifen gewährt, bleibt ein Skandal. Protest, der sich dieser Realität entgegenstemmt, ist dringender denn je.

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Mitsuo Iwamoto
Redakteur
Studium mit Schwerpunkt Internationale Beziehungen in Oxford, danach Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München. 2025 mit dem Zukunftsressort der wochentaz zu den "Top 30 bis 30" des "Medium Magazin" gewählt. Schreibt oft über soziale Bewegungen und Lösungsansätze in der Klimakrise.
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