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Geänderte UnterkunftsregelnNeue Kategorie: Sekundärmigrant

Frederik Eikmanns
Kommentar von Frederik Eikmanns

Geflüchtete könnten bald behandelt werden wie Gefangene. Es geht einzig darum, symbolische Härte zu zeigen.

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) geht die EU-Asylreform noch nicht weit genug Foto: Michael Kappeler/dpa

B islang läuft weitgehend unter dem Radar, was die Bundesregierung bei der Anpassung deutscher Gesetze an die GEAS-Reform vorhat. Es ist ja auch irre kompliziert. Schon die EU-Beschlüsse sind quasi undurchdringlich, die Pläne zur Angleichung der deutschen Gesetze daran sind es noch mehr.

Aber in dem Gewirr versteckt sich ein plumpes – und brutales – Vorhaben. Bald schon könnte Deutschland fast alle Menschen, die hierher flüchten, behandeln wie Verbrecher*innen. Nichts anderes bedeutet es, wenn die Entwürfe einen neuen Typ Unterkunft vorsehen, die den unhandlichen Namen „Sekundärmigrationszentrum“ tragen soll. Zumindest bestimmte Geflüchtete sollen dazu verpflichtet werden können, die Zentren nicht zu verlassen. Zum Gefängnis ist es da nicht mehr weit.

Und weil Deutschland keine EU-Außengrenzen hat und Geflüchtete nur selten per Flugzeug kommen, dürfte fast je­de*r Asyl­be­wer­be­r*in als Se­kun­där­mi­gran­t*in gelten – und so potenziell für die Zentren in Betracht kommen. Besonders tragisch ist das, weil es eigentlich nicht mal etwas mit der großen – und an sich schon sehr harten – GEAS-Reform aus dem vergangenen Jahr zu tun hat. Es gibt keine EU-Vorgabe, „Sekundärmigrationszentren“ einzurichten. Stattdessen sind die deutschen Pläne wieder einmal Teil der Alexander-Dobrindt-Show, bei der es einfach nicht hart genug zugehen kann.

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Das zeigt sich auch an den ebenfalls beschlossenen Plänen, Geflüchtete auch anderweitig leichter in Haft zu nehmen. Auch diese Änderung steht nicht in den EU-Beschlüssen. Und dass die Regelungen sogar Kinder treffen sollen, wenn ihre Eltern in Haft genommen werden, ist besonders unmenschlich. Aber genau das ist der Punkt: Harte Politik gegen Geflüchtete muss längst keinen echten Zweck mehr erfüllen, damit sie beschlossen wird. Stattdessen ist es das Symbol der Härte an sich, um das es geht. Denn das zahlt bei einem erheblichen Teil der Bevölkerung inzwischen ein.

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Frederik Eikmanns
Fachredakteur Inland
schreibt über alles, was im weitesten Sinn mit Migration zu tun hat.
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22 Kommentare

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  • Das Ziel muss sein die AfD jetzt in ihrem Kernthema klein zu bekommen um die Demokratie zu retten. Und das gelingt eben nicht mit mehr Migration und offenen Grenzen.



    Wenn das nicht klappt, ist Schengen und das Asylrecht in ein paar Jahren am Ende.

    • @Franz Tom:

      Sie kennen schon die wahrscheinlichen Konsequenzen von Grenzen-dicht auf unser Land und seine Menschen?



      Moralisch, volkswirtschaftlich, ...

      Sonst gibt es ein sehr gut geschriebenes "Die Hungrigen und die Satten" von Timur Vermes, der das einfach trocken wie sarkastisch durchgespielt hat für moralisch. Die ökonomischen Punkte finden Sie bei Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlers.

      Eine geregelte Zuwanderung (Kanada als Idee) muss eben mit Infrastrukturaufbau und wieder Umverteilung von oben nach unten einhergehen, statt Steuergeschenken an Banken und Autoherstellers. Das wäre der Punkt.

      • @Janix:

        Es geht doch eher um die Konsequenzen ungeregelter Migration und unkontrollierter offener Grenzen.

      • @Janix:

        Kanada kann wegen seiner geographischen Lage sich die Einwanderer nereits vor der Einreise aussuchen. Dort haben Migranten dann auch höhere Bildungsabschlüsse als Einheimische und verdienen im Schnitt auch mehr. Kanada würde mit unseren Migranten aus Afghanistan und Co genauso versagen wie wir. Das dortige Rezept ist deshalb Null auf uns übertragbar.

  • Das ist doch alles die Umsetzung dessen, was SPD CDU CSU FDP 1993 - als willige Vollstrecker einer ausländerfeindlichen deutschen Gesellschaft - damals bei der Abschaffung des individuellen Asylrechtes bei der Grundgesetzänderung beschlossen hatten. Die Mehrheit für diese Politik ist seitdem kontinuierlich gewachsen.

    • @Anna Christl:

      Die deutsche Gesellschaft pauschal als ausländerfeindlich zu bezeichnen, finde ich unangemessen und unverschämt.

    • @Anna Christl:

      Deutschland hat extrem viele Menschen aufgenommen und viele davon sind auch weiterhin willkommen, außer bei Rassisten. Trotzdem zeigt sich, dass die Zahl einfach zu groß war, um wirklich aktzeptable Angebote zur Integration machen zu können, um ausreichend akzeptablen Wohnraum dort zu finden, wo die Leute gern leben möchten (nämlich nicht auf irgendeinem Dorf) und so weiter.

      Ausländerfeinlich sind die Deutschen nicht, weder die mit noch die ohne Migrationsgeschichte. Viele erkennen aber, dass die Integration nicht gut funktioniert und zum Teil eben auch Leute kommen, die sich gar nicht integrieren wollen oder können.

      Die Einzahler in die Sozialsysteme sind zudem nicht glücklich, dass sie ständig hören, wofür es "nicht reicht" und wo "gespart werden muss" und zugleich Leitungen in großem Umfang an Leute ausgeschüttet werden, die nie eingezahlt haben und noch mehr an Leute, die an denen verdienen, wie die Betreiber er Heime.

      • @Dr. McSchreck:

        Wo das Geld landet, ist nicht bei den Armen, die hier anlanden oder schon wohnen.



        Es landete bei "Bankenrettungen", landet bei Autoindustriellen und anderen Sozialschmarotzern im großen Stil, den Steuerverkürzern.



        Davon lenkt die ADi-Truppe nur ab, soll sie vermutlich auch.

  • "Und weil Deutschland keine EU-Außengrenzen hat und Geflüchtete nur selten per Flugzeug kommen, dürfte fast je­de*r Asyl­be­wer­be­r*in als Se­kun­där­mi­gran­t*in gelten"

    Das stimmt und ist halt der Punkt bei dem viele gerne wegsehen. Fast jeder der hier ankommt war schon in Sicherheit und ist aus anderen Gründen weitergezogen, die mit der ursprünglichen Fluchtursache nichts mehr zu tun haben. Bei den Push-/Pullfaktoren der Sekundärmigration innerhalb der EU mag man sich aber nicht ehrlich machen. Dazu müsste man ja mit den Leuten reden statt über sie.

    • @Descartes:

      Das Bedauerliche ist in der Tat die Weigerung, der Realität ins Auge zu blicken.



      Man hört immer nur, was alles angeblich nicht gehen soll, aber die Weigerung, die Sekundärmigration überhaupt als problematisch anzusehen, führt letztendlich dazu, dass das Asylrecht per se immer weniger Unterstützung findet. Der Missbrauch des Asylrechts, indem man durch das Asylrecht migriert, also zwei Themen, die von einander zu trennen sind, vermischt, ist für die große Mehrheit offensichtlich.



      Die realen Probleme durch diese Form der Migration werden immer offensichtlicher und damit steigt die Kurve für die AfD.

    • @Descartes:

      Das arme Griechenland die gesamte Aufnahme und Beherbergung machen lassen kann nunr nicht funktionieren.

      Schon gar nicht, wenn Merkel & Schäuble Ressentiement-Wahlkampf gegen die dortige gewählte Regierung und die Bürgers betrieben hat und deutsche Banken auf Kosten Griechenlands rettete.



      Das muss schon nach Fähigkeit verteilt werden.

      Merkel selbst gab ferner zu, dass das Kürzen der Gelder für Hilfe nah am Ort ein Fehler war. Sie hätte das damals schon lesen und wissen können, vermutlich auch in der taz.

      • @Janix:

        Gegen eine geordnete Verteilung spricht wenig und dass es unfair war, Staaten wie Griechenland und Italien mehr oder weniger allein zu lassen, ist klar. Wird aber nun auch schon seit etlichen Jahren nicht mehr gemacht.



        Wir benötigen einen fairen Verteilungsschlüssel für ganz Europa und wirksame Instrumente, dass die Personen auch in dem Land bleiben, dem sie zugewiesen wurden.

      • @Janix:

        Es wurden nicht "deutsche Banken auf Kosten Griechenlands gerettet", sondern Griechenland wurde gezwungen, Einnahmen und Ausgaben wieder in ein vernünftiges Verhältnis zu bringen, statt großzügig Geschenke zu verteilen, die man sich nicht leisten konnte. Dafür mussten sowohl die Griechen als auch deren Gläubiger (zu denen auch deutsche Banken gehörten, aber auch deutsche Rentenversicherer) einen Schuldenschnitt bzw. Einschränkungen beim Einkommen (Renten, vom Staat gezahlte Löhne und Gehälter) hinnehmen.

        • @Dr. McSchreck:

          Dass Konservative und Pasok auch Klientelbedienung gemacht hatten und die Zahlen gefälscht waren, ist das eine.



          Das andere ist die Missachtung der griechischen gewählten Regierung der Syriza, der Volksabstimmung, der deutschen Untaten im Zweiten Weltkrieg incl. der Raubzüge.



          Und dann Wahlkampf auf Rücken Griechenlands machen, erpressen fürs Finanzkapital, das an den hohen Zinsen Griechenlands aka "Risikoaufschlag" gut verdient hatte. Dann sollen die das Risiko auch voll tragen.



          Leseempfehlung Schäuble wie Varoufakis hierzu, ergänzend Merkel. Es wurden die Banken gerettet und "die Griechen" dafür verantwortlich gemacht.



          Die schlagartig bis zu 20 % weniger Einkommen hatten und funktionierende Infrastruktur zerlegen und verramschen mussten. Piräus an die Chinesen, na danke!



          Dieses Vorgehen hat das bundesdeutsche Ansehen in der EU rapide dahinschmelzen lassen. Verständlich.

  • Mit der Abwertung und besonderen Behandlung fängt es an. Es muss aber nicht bei Sonderbehandlung enden, wenn wir denn konsequent die Dobrindts oder schlimmer wieder wegwählen oder kleinklagen.



    Ob man zuweilen über den Main abschieben sollte, überlasse ich den Kabarettisten zur Vordiskussion.

  • Da weht ein ICEiger Wind durch Deutschland. Den Faschos nachkriechen, das ist wohl das Motiv für derartige Projekte der Konzentration bestimmter Menschengruppen in geschlossenen Lagern und - ohne Gerichtsbeschluß. Ein Schuft, wer dabei an die 30iger Jahre denkt....

    • @Perkele:

      Bei aller Kritik, Vergleiche mit dem Holocaust bzw. Verfolgung der Juden im Dritten Reich verbieten sich.

    • @Perkele:

      "Ein Schuft, wer dabei an die 30iger Jahre denkt...."

      Allerdings, weil das eine mit dem anderen nichts zu tun hat.



      Der Vergleich verbietet sich aus offensichtlichen Gründen.

      • @Katharina Reichenhall:

        Einen einzigen dieser Gründe würde ich hier gerne mal genannt bekommen, geht das?

    • @Perkele:

      Unter anderem lässt Trump grüßen....

      Bei der jetzigen Ministerienbesetzung stelle ich mit leider selbst die Frage, ob DAS - bei weitem nicht nur Dobrindt - den Weg ins Wahllokal wert war.



      Es kam weit schlimmer als befürchtet.

      • @Erfahrungssammler:

        Es wird noch viel schlimmer kommen, wenn erst mal csdU ud AgD in einer Koalition vereint sind. Das dauert nicht mehr lange....

        • @Perkele:

          Und meinen Sie nicht, dass es endlich an der Zeit ist, nicht zuletzt aus diesem Grund mehr von dem zu wagen, was die dänischen Sozialdemokraten gewagt haben?



          Glauben Sie ernsthaft, dass man durch das Verschweigen von Problemen, die die Migration mit sich bringt - so wie jetzt bei der Kommunalwahl in Köln - das erreichen wird?