Gebühr des Bundesverfassungsgerichts: Strafe für unnötigen Eilantrag

Weil ein Anwalt falsche Angaben zur Abschiebung seines Mandanten machte, muss er Strafe zahlen. 2.600 Euro beträgt die „Missbrauchsgebühr“.

Ein Flugzeug

Dringlichkeit vorgetäuscht: Abschiebeflug nach Afghanistan Foto: dpa

FREIBURG | taz | Das Bundesverfassungsgericht hat gegen einen Anwalt, der eine unmittelbar bevorstehende Abschiebung vorgetäuscht hat, eine Missbrauchsgebühr verhängt. Der Anwalt muss nun 2600 Euro zahlen, weil er den Richtern verschwiegen hat, dass sein Mandant bereits untergetaucht war.

Konkret ging es um die Sammelabschiebung für ausreisepflichtige Afghanen am 12. September. Im Flieger nach Kabul sollte auch ein 24-Jähriger sitzen, der seit 2011 in Deutschland lebt. Sein Asylantrag war 2013 abgelehnt worden. Ein Folgeantrag blieb im Februar 2017 ebenfalls erfolglos, die Klage hiergegen lief noch.

Zwischenzeitlich war der Afghane wegen Diebstahls und Drogenbesitz zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Einen Eilantrag gegen die drohende Abschiebung hatte das Verwaltungsgericht am 11. September abgelehnt.

Der Anwalt des Afghanen beantragte deshalb am 12. September Eilrechtsschutz beim Bundesverfassungsgericht. Sein Mandant sei bei einer Abschiebung nach Afghanistan gefährdet, da die Bundesregierung angekündigt hatte, sie werde nur verurteilte Straftäter abschieben. Außerdem drohten ihm Vorwürfe wegen Abfall vom Islam, weil er vor kurzem eine nicht-muslimische Frau geheiratet hatte. Da er lange im Iran lebte, habe er in Afghanistan kein Netzwerk und verstehe auch die dortige Kultur nicht.

Karlsruhe in Hektik

Mehrmals rief der Anwalt an diesem Tag in Karlsruhe an und wies auf den dringenden Fall hin. Er erweckte dabei den Eindruck, dass die Abschiebung unmittelbar bevorstehe. Von 15.20 bis 18.45 übermittelte er per Fax 470 Seiten Unterlagen zu diesem Fall. Erst am nächsten Morgen teilte der Anwalt mit, dass der Afghane nicht abgeschoben worden war, weil er rechtzeitig untergetaucht war. Auf Nachfrage des Gerichts räumte der Anwalt ein, dass er dies mindestens seit dem Morgen des 12. September wusste.

Damit habe der Anwalt mit „grob irreführenden Angaben“ den falschen Eindruck höchster Eile erweckt. Dass er gerade am Tag einer anstehenden Sammelabschiebung die zuständige Karlsruher Kammer in Hektik versetzt hatte, sei besonders schwerwiegend. Schließlich sei an diesem Tag mit tatsächlich dringenden Eilanträgen zu rechnen gewesen (die es aber nicht gab).

Karlsruhe empfiehlt Anwälten in solchen Konstellationen, einen Eilantrag nur anzukündigen – für den Fall dass der Untergetauchte doch noch kurzfristig verhaftet wird. (Az.: 2 BvQ 56/17)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.