Gedenken an Mord in Slowakei: Proteste gegen Korruption

14 Tage vor der Wahl gingen tausende Slowaken auf die Straße. Sie demonstrierten gegen Filz und erinnerten an den Mord an Jan Kuciak und dessen Freundin.

Die Eltern von Jan Kuciak vor einem Mikrofon. Im Hintergrund verschwommene Projektion auf einer Leinwand

Jan Kuciaks Eltern auf der Gedenkveranstaltung am zweiten Todestag ihres Sohnes Foto: reuters

BRATISLAVA dpa/taz | Eine Woche vor der Parlamentswahl in der Slowakei sind mehrere Tausend Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Korruption zu protestieren. Sie versammelten sich am Freitag, dem zweiten Todestag des ermordeten Journalisten Jan Kuciak, in der Hauptstadt Bratislava sowie an Dutzenden weiteren Orten im In- und Ausland. Man verfolge weiter aufmerksam alle Fälle von Filz, über die der Reporter berichtet habe, erklärten die Organisatoren vom Netzwerk „Für eine anständige Slowakei“.

Ein Auftragsmörder hatte Kuciak und dessen Verlobte Martina Kusnirova am 21. Februar 2018 in ihrem Haus im Westen der Slowakei erschossen. Der Ex-Soldat legte Anfang Januar überraschend ein Geständnis ab und wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil gegen den mutmaßlichen Auftraggeber steht noch aus. Es handelt sich um einen einflussreichen Geschäftsmann, über dessen dubiose Praktiken Kuciak geschrieben hatte.

Bei der Hauptkundgebung der Bewegung für eine anständige Slowakei standen auch die Eltern der beiden Ermordeten auf der Bühne. Die Schauspielerin Tana Pauhofova verlas in ihrem Namen eine bewegende Botschaft: „Wir machen uns ständig Vorwürfe, dass wir sie nicht schützen konnten“, hieß es darin. Jan und Martina hätten nur einen Wunsch gehabt – ein bescheidenes Leben zu führen und eine Familie zu gründen. Es sei an allen, dafür zu sorgen, dass sich eine solche Tat niemals wiederholt.

Konflikt um den Kundgebungsort

Vor der Gedenkveranstaltung war es zum Streit über deren mögliche Instrumentalisierung im Wahlkampf gekommen. Wie die österreichische Tageszeitung Der Standard berichtete, wollte „Für eine anständige Slowakei“ sich wieder den zentralen Platz des Slowakischen Aufstandes reservieren. Doch die neoliberale Partei Freiheit und Solidarität (SaS) war ihr mit einer eigenen Veranstaltungsanmeldung zuvorgekommen.

SaS-Chef Richard Sulík wischte jegliche Kritik am Vorgehen seiner Partei vom Tisch: Wenn jemand die Situation im Land ändern könne, dann seien das Politiker, so Sulík. „Das muss nicht jedem gefallen, aber es ist so“. Die Gedenkversammlung des Netzwerks fand daraufhin auf einem anderen Platz statt – und eine Stunde später, um direkte Konkurrenz zu vermeiden.

In der allgemeinen Empörung über den weitverbreiteten Filz und Klüngel nach dem Doppelmord waren die regierenden Sozialdemokraten stark unter Druck geraten. Ministerpräsident Robert Fico trat zurück und übergab das Amt seinem Kollegen Peter Pellegrini. Ihre Smer-Partei kommt einer aktuellen Umfrage zufolge derzeit nur noch auf 16,9 Prozent, dicht gefolgt von der konservativen Oppositionspartei Olano mit 15,5 Prozent und der rechtsradikalen LSNS mit 10,3 Prozent.

Zwar sollen Entscheidungsträger der früheren bürgerlichen Regierungen ebenfalls in das nun aufgedeckte Korruptionsnetz verwickelt gewesen sein. „Doch nachdem nun schon seit über zehn Jahren mit nur kurzer Unterbrechung die sozialdemokratische Partei Smer regiert, ist logisch, dass man ihr den Hauptvorwurf dafür macht“, meint der Soziologe Pavel Haulik.

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