Gefechte in Damaskus werden heftiger: Lage offiziell als Bürgerkrieg eingestuft

Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Aufständischen in der syrischen Hauptstadt nehmen zu. Der Iran bot sich währenddessen als Vermittler an.

Spuren vehementer Zerstörung: die Überbleisel einer Autobombe in Damaskus. Bild: dpa

DAMASKUS/FRANKFURT/MAIN dapd | Während die UN-Beobachter den Angriff auf die syrische Ortschaft Tremse untersuchen, haben sich die Gefechte zwischen Regierungstruppen und Aufständischen in Damaskus offenbar zugespitzt. In mehreren Vierteln der syrischen Hauptstadt werde gekämpft, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Sonntag mit.

Unterdessen gehen die internationalen Bemühungen zur Beilegung des Konflikts weiter, den das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mittlerweile offiziell als Bürgerkrieg einstuft. Der Iran bot sich als Vermittler zwischen dem Regime von Präsident Baschar Assad und Oppositionellen an.

Der Beobachtungsstelle zufolge kamen am Sonntag landesweit mehr als 115 Menschen ums Leben. Sechs Menschen sollen in Damaskus getötet worden sein, darunter ein Kind. Das Machtzentrum von Assad war bislang weitgehend von Kämpfen verschont geblieben.

Das in London ansässige Aktivistennetzwerk stellte am Montagmorgen ein Video ins Netz, das die brutale Folter eines desertierten Soldaten in Al Schadadi in der Provinz Hasake zeigen soll. Unterdessen bot sich der Iran als Vermittler in dem seit März vergangenen Jahres andauernden Konflikt an.

Iranische Loyalität zu Damaskus

Teheran sei bereit, Opposition und Regierungsvertreter zu Gesprächen einzuladen, meldete die halbamtliche iranische Nachrichtenagentur ISNA am Sonntag unter Berufung auf Außenminister Ali Akbar Salehi. Die Aufständischen dürften der Einladung aus Teheran kaum folgen.

Sie lehnen Verhandlungen mit dem Assad-Regime ab und kritisieren die Regierung in Teheran für ihre Loyalität zu Damaskus. Der internationale Sondergesandte für Syrien, Kofi Annan, wird am Dienstag zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin über eine Beilegung des Syrien-Konflikts in Moskau erwartet. Das teilte der Kreml am Sonntag mit.

Die Vereinten Nationen widersprachen indes sowohl der Darstellung des Assad-Regimes als auch der Rebellen über die Gewalt in Tremse. Den UN-Beobachtern zufolge galt der Angriff am Donnerstag auf die Ortschaft in der Provinz Hama vor allem desertierten Soldaten und Regimegegnern. „Blutlachen und Gehirn-substanzen wurden in einer Reihe von Häusern entdeckt“, erklärten die Vereinten Nationen.

Nach einem zweiten Besuch am Sonntag hieß es vonseiten des UN-Teams, syrische Regierungstruppen seien nach dem Bombardement von Tremse mit schweren Waffen und Kampfhubschraubern von Tür zu Tür gegangen und hätten die Identität der Bewohner überprüft. Einige seien getötet, andere mitgenommen worden.

„Kein Angriff auf Zivilisten“

Die Opposition hatte den Angriff auf Tremse als folgenschwerstes Massaker seit Beginn der Proteste gegen Assad im März vergangenen Jahres bezeichnet, bei dem zwischen 100 und 200 Menschen ums Leben gekommen seien – vorwiegend Zivilisten.

Der syrische Außenministeriumssprecher Dschihad Makdissi erklärte indes am Sonntag in Damaskus, der Angriff habe nicht Zivilisten gegolten. Vielmehr habe es sich um eine Militäroperation gegen bewaffnete Kämpfer gehandelt, die Kontrolle über die Ortschaft ergriffen hätten. „Was geschehen ist, war kein Angriff auf Zivilisten“, sagte Makdissi. 37 Bewaffnete und zwei Zivilisten seien getötet worden. „Was über den Gebrauch von schweren Waffen gesagt wurde, entbehrt jeder Grundlage“, fügte er hinzu.

Das IKRK erklärte indes am Sonntag, den Syrien-Konflikt fortan als Bürgerkrieg einzustufen. Sprecher Hicham Hassan sagte, Kampfhandlungen hätten sich von den Konfliktherden Idlib, Homs und Hama auf andere Landesteile ausgeweitet. Humanitäres Völkerrecht gelte nun für alle Gebiete, wo Kampfhandlungen stattfänden. Schätzungen von Aktivisten zufolge sind seit Beginn der Proteste im März vergangenen Jahres mehr als 17.000 Menschen ums Leben gekommen.

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