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Geförderte AntisemitismusprojekteKlüngel, Briefkästen und eine Immobilienfirma

Zwölf Projekte haben Geld aus dem Topf der Berliner Kulturverwaltung erhalten. Eine Spurensuche der taz weckt Zweifel an der Kompetenz der Empfänger.

CDU-Abgeordneter Christian Goiny: mutmaßlich zentrale Figur in der Fördergeldaffäre Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

taz | Zwölf verschiedene externe Projektträger haben vom Sondertopf der Senatskulturverwaltung zur Bekämpfung von Antisemitismus profitiert. Von den darin enthaltenen 3,4 Millionen Euro wurden bis September 2,65 Millionen Euro ausgeschüttet. Hinzu kommen 30.000 Euro, die die Senatskanzlei erhält und die an die Deutsch-Israelische Gesellschaft weitergereicht werden.

Von den Trägern sind einige für ihre Arbeit gegen Antisemitismus – und ihre proisraelische Haltung – bekannt und wurden auch in der Vergangenheit schon gefördert. Zu ihnen gehören die Berlin Music Commission, The Good Media Network, das Mideast Freedom Forum und das Institut für Neue Soziale Plastik. Den Löwenanteil des Geldes erhielt die First Music Production für die Ausstellung zum Nova-Festival.

Andere geförderte Projekte sind dagegen selbst Ex­per­t*in­nen bislang nicht bekannt. Bei näherem Hinsehen offenbart sich hier ein bemerkenswerter Klüngel: Zum Teil tauchen Personen, Namen und Projekte mehrfach auf. Daneben wecken einige Empfänger den Anschein von Briefkastenfirmen – von mutmaßlich mangelnder Kompetenz im Feld Antisemitismusbekämpfung ganz zu schweigen.

Da ist zum Beispiel der Future Narrative Fund, ein „Fonds für deutsch-israelische Koproduktionen“. In dessen Namen erhielt die Immobilienfirma Fablhaft einen Förderbescheid über 39.000 Euro. Fablhaft ist eigenen Angaben zufolge ein „erfahrenes Unternehmen im Bereich der Immobilienverwaltung und Neubautenentwicklung“. Geschäftsführer laut Impressum: „Max Mustermann“, die Handelsregisternummer wird mit 12345 angegeben, die Umsatzsteuer-ID mit DE123456789. Über die auf der Webseite angegebene Telefonnummer erreicht die taz am Mittwoch niemanden.

Aus Handelsdaten geht hervor, dass ein gewisser Fabian Blanda Geschäftsführer von Fablhaft ist. Er gibt das auch auf seinem Linkedin-Profil so an. Dort schreibt er über sich: „Meine Kernkompetenzen umfassen das Management von Logistik- und Lieferkettenprozessen.“ An der im Register angegebenen Adresse in Berlin-Weißensee steht ein Wohnhaus. Der Name Blanda findet sich an Klingel und Briefkasten des Altbaus, nebst mehreren Namen von Firmen aus Blandas Netzwerk. Die taz läutet mehrmals bei Blanda, niemand öffnet die Tür.

Der Future Narrative Fund wiederum, für den Blanda Geld erhalten sollte, unterhält eine Hochglanzwebseite ganz ohne Impressum. Darauf heißt es: „In einer Zeit von zunehmendem Antisemitismus sind die Geschichten, die wir erzählen, wichtiger denn je.“ Arbeitsnachweise über angelaufene oder abgeschlossene Projekte gibt es nicht. Aber immerhin eine Handynummer auf der Webseite. Also ein Anruf dort – mit mäßigem Erfolg. Zwar nimmt jemand ab, legt aber schnell wieder auf.

Verbindungen zwischen den Empfängern

Auch der Träger „Between Worlds“ weckt Skepsis. Die gemeinnützige GmbH soll 90.000 Euro erhalten. Doch im Netz findet sich zu der Firma nichts als ein Registereintrag. An der angegebenen Adresse im Ortsteil Mitte gibt es einen gleichnamigen Briefkasten und eine Klingel. Auch hier öffnet niemand.

Bemerkenswert sind zudem mögliche Verbindungen zwischen den Geldempfängern: Etwa findet sich auf der Liste mit rund 90.000 Euro die gemeinnützige Unternehmergesellschaft „Mosaik G.C.B.“, die nach eigenen Angaben in der Kulturförderung aktiv ist. Förderung soll sie für das Projekt „Jojo and Simha: Exploring Berlin“ erhalten. Ein Blick auf die Webseite lässt aber aufhorchen: Dort ist das Cover eines Films mit dem Titel „Fakeland“ abgebildet – für ein gleichnamiges Projekt erhält die „Traumfabrik Babelsberg“ 30.000 Euro. Außerdem ist auf der Webseite auch der ominöse Future Narrative Fund von Fabian Blanda verlinkt.

Geschäftsführer von „Mosaik G.C.B.“ wiederum ist der Musikproduzent Mark Pinhasov. „Ich möchte gar nichts sagen“, erklärt er am Mittwoch am Telefon und legt auf. Pinhasov ist zugleich gemeinsam mit der Musikerin Maral Salmassi im Impressum des Vereins Zera Institute aufgeführt. Die 390.000 Euro Förderzusage an den Verein sind besonders brisant, da Salmassi gemeinsam mit dem CDU-Abgeordneten Christian Goiny im Vorstand des CDU-Ortsverbands Lichterfelde sitzt. Goiny gilt als zentrale Figur in der CDU-Fördergeldaffäre.

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