Geförderte Wohnungen in Berlin: Keine Sozialwohnungen für alle

Der Senat will Sozialwohnungen auch für den Mittelstand bauen lassen. Doch das ist keine Lösung – und es verschärft das Problem bei den Armen.

Bunte Legosteine in einer Ziegelmauer

Sozialwohnungen können Farbe ins teure Allerlei bringen Foto: dpa

Berlins Wohnungsmarkt ist so außer Kontrolle, dass selbst der solide verdienende Mittelstand immer größerer Schwierigkeiten hat, noch bezahlbaren Wohnraum zu finden. Dass sich die Politik auch um jene sorgt, die etwa als Polizeibeamte keine Wohnung mehr in Jobnähe finden können, ist daher erst mal anerkennenswert.

CDU und SPD, die gleichermaßen um ein Mittelstandsklientel buhlen, wollen daher den Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) auf besser Verdienende ausweiten. Sozialwohnungen sollen künftig auch für jene gebaut werden, die als Einpersonenhaushalt 2.200 Euro netto monatlich zur Verfügung haben.

Das alles wäre unproblematisch, wenn das Angebot an Sozialwohnungen ausgeweitet würde. Was aber nicht der Fall ist. Zwar wird der Kreis der WBS-Berechtigten durch die Neujustierung der Förderung des sozialen Wohnungsbaus auf etwa 70 Prozent aller Berliner Haushalte steigen, doch mehr Wohnraum gibt es dadurch noch lange nicht.

Zukünftig stehen damit weniger als 100.000 verbliebene Sozialwohnungen etwa 1,3 Millionen anspruchsberechtigten Haushalte gegenüber. Auch die Zielzahl von 5.000 neu fertiggestellten Sozialwohnungen pro Jahr wird nicht angehoben.

Mehr Konkurrenz

In der Konsequenz führt das Vorhaben, das schon in wenigen Wochen Realität werden könnte, zu einer noch stärkeren Konkurrenz um die wenigen Sozialwohnungen – zum Leidwesen all jener, die unterdurchschnittlich verdienen.

Mit der Schaffung des neuen dritten Fördersegments von teureren Sozialwohnungen sollen Bauherren motiviert werden, mehr geförderte Wohnungen zu bauen. Nur: Dann entstehen eben nicht mehr nur jene Wohnungen zu Einstiegsmieten von zukünftig 7 oder 9 Euro pro Quadratmeter, sondern auch solche für 11,50 Euro. Das Angebot am unteren Ende wird sich, sofern das Angebot nicht insgesamt stark steigt, verknappen.

Dem Senat ist das zukünftig 1,5 Milliarden Euro jährlich wert, bis zu 300.000 Euro pro Wohnung – so viel Geld ist man bereit dazuzuschießen, damit Sozialwohnungen für 30 Jahre entstehen. Dann aber läuft die Bindungsfrist aus und die Wohnungen können ohne Mietpreisregulierung weiter vermietet werden. Die Alimentierung der privaten Wohnungswirtschaft ist Programm von CDU und SPD, die tief mit diesem Wirtschaftszweig verwoben sind. Nachhaltig ist sie nicht.

Es sind ideologische Gründe, die verhindern, dass der Senat dieses Geld nimmt, um die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften selbst in die Lage zu versetzen, 5.000 oder mehr echte Sozialwohnungen pro Jahr zu bauen – Wohnungen, die dann auch dauerhaft günstig zur Verfügung gestellt werden könnten. Zugleich zeigt das Vorhaben die strukturelle Missachtung der 20 Prozent der Stadtbevölkerung, die arm sind und deren Ballung in Quartieren mit überwiegend günstigem Wohnraum vor allem als potenzielles Problem betrachtet wird.

Berlins Mittelstand braucht dagegen keine Sozialwohnungen, sondern einen staatlich regulierten Wohnungsmarkt, mit Mieten, die die Menschen nicht überlasten. Das aber wollen weder die Bundesregierung noch der Senat. Mittel wie der Mietendeckel oder die Vergesellschaftung oder wenigstens der Fokus auf den Ausbau landeseigener Baukapazitäten werden nicht genutzt. Berlins Mietenproblem wird sich weiter verschärfen.

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Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

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