Geldmangel in Gambia: In der Geber-Falle

Gambias Regierung hat ehrgeizige Pläne, aber kein Geld. Bis die internationale Hilfe greift, geht die Auswanderung aus dem Land weiter.

Touristen liegen am Strand unter Palmen, davor ein Gitterzaun

Neben der Landwirtschaft ist der Tourismus das zweite Standbein von Gambias Wirtschaft Foto: ap

BANJUL taz | Die Pleite hat Gambias Präsident Adama Barrow (52) vor einem halben Jahr selbst erklärt. „Im Grunde bankrott“ nannte er den Staat, den er nach der mehr als 22-jährigen Herrschaft von Yahya Jammeh übernommen hatte.

Auch Monate später ist die Regierung weiter auf der Suche nach internationalen Geldgebern. Dabei hat die EU längst ein 225-Millionen-Euro-Hilfspaket geschnürt. Der Interna­tio­nale Währungsfond sagte einen Kredit von 13,7 Millionen Euro zu. Zahlreiche Organisationen, die sich unter der Diktatur Jammehs zurückgezogen hatten, prüfen eine Rückkehr und den Aufbau sowie die Unterstützung von Hilfsprogrammen.

Bisher geht die Rechnung auf, da die Regierung die Rückkehr zur Demokratie betont und sich bewusst vom alten System abgrenzt. Justizminister Abubacarr Tambadou hofft für das Prestigeprojekt Wahrheits-, Versöhnungs- und Entschädigungskommission nach einer Anschubfinanzierung von knapp 1,2 Millionen Euro auf zusätzliches Geld.

Mehr Struktur soll der Nationale Entwicklungsplan bringen, der gerade in der Diskussion ist. An verschiedenen Stellen wird betont, dass eine Partnerschaft zwischen staatlichen und privaten Akteuren ein Hauptpfeiler für die Zukunft der gambischen Wirtschaft sei. Die Regierung wird in den kommenden Monaten vor allem daran gemessen werden, ob es ihr gelingt, Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen und nationale und internationale Investoren anzuziehen.

Hauptpotenziale sind Landwirtschaft und Tourismus

An der Universität von Gambia bestätigt Abdoulie Kurang, Dozent im Fach Entwicklungsstudien, den Trend, allerdings betont er, dass der Wandel in Gambia selbst geschehen muss: „Wir können nicht dauerhaft von externen Geldgebern abhängig sein. Stattdessen müssen wir unsere Produktivität erhöhen, vor allem in der Landwirtschaft.“ Sie gilt als wichtigster Wirtschaftszweig.

Ausgerechnet das zweite Standbein, der Tourismus, ist schließlich bereits ein Geschäft mit der Abhängigkeit. Wie keinem anderen Land Westafrikas war es Gambia in der Vergangenheit gelungen, sich als Urlaubsziel zu mausern. Pau­schal­an­gebote von Thomas Cook zeigen das ebenso wie Senegambia, eine Straße, an der sich ein Restaurant ans nächste reiht und die Auswahl an Hotels riesig ist.

Der Tourismus machte unterschiedlichen Schätzungen zufolge etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Doch durch den Ebola-Ausbruch 2014 brachen die Besucherzahlen massiv ein. Laut Afrikanischer Entwicklungsbank lag in diesem Jahr das Wirtschaftswachstum nur bei 0,9 Prozent. Auch während des Machtwechsels verließen im Januar viele Urlauber das Land fluchtartig. Hotelbetreiber und Restaurantbesitzer hoffen nun auf ihre Rückkehr.

Das wird junge Menschen – 58,53 Prozent sind jünger als 25 – aber nicht davon abhalten ihre Heimat zu verlassen. Der Druck ist riesig, was die Zahlen der Internationalen Organisation für Migration zeigen. Allein in diesem Jahr haben knapp 5.700 Menschen aus Gambia das Mittelmeer überquert, um nach Europa zu gelangen. Zum Vergleich: Aus Nigeria, dem Land mit den meisten Migranten, kamen im selben Zeitraum 14.120 Personen. Der Riesenstaat Nigeria hat allerdings auch 93-mal so viele Einwohner wie das kleine Gambia.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.