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Generationengerechtigkeit bei der RenteVor dem großen Sprung

Barbara Dribbusch

Kommentar von

Barbara Dribbusch

Die Rentenkommission hat sich formiert. Wird sie die Rente gerechter machen? Was diesmal nicht reichen wird: noch eine Reform „mit Zeitzünder“.

Noch arbeitsfähig? Das Renteneintritsalter könnte noch steigen Foto: Wolfgang Maria Weber/imago

D ie Rentenkommission hat sich formiert, ein Gremium aus 13 Mitgliedern, darunter zehn Ex­per­t:in­nen und drei Politiker:innen, jeweils von Union und SPD nominiert. Die Kommission soll Vorschläge für die künftige Finanzierung und Absicherung der Renten bis Mitte nächsten Jahres vorlegen. Wer bezweifelt, dass die Kommission überhaupt umsetzbare Ergebnisse vorlegt, sollte einen Blick in die Rentenhistorie wagen. Da war schon einiges an drastischen Kürzungen möglich.

Das Auffällige daran: Als die Gesetzesänderungen kamen, wurden die Auswirkungen stets in die Zukunft verlegt. 1992 wurden die Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt eingeführt, galten aber voll erst ab 2001. 2007 kam die Rente mit 67, die schrittweise Anhebung begann aber erst ab 2012 und wird 2030 vollendet sein.

Solche Reformen „mit Zeitzünder“ reichen heute nicht aus, denn die Frage der Generationengerechtigkeit ist drängender als damals. Jede Rentenreform muss gewissermaßen „intersektional“ sein, die Ungleichheiten zwischen Generationen, Einkommen, beruflichen Belastungen berücksichtigen. Kommt etwa eine Rentenreform, die das Eintrittsalter schrittweise auf 69 heraufsetzt, wird man auch den aktuellen Rent­ne­r:in­nen etwas abverlangen müssen.

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Was ist der gerechte Rentenmix?

Das könnte die Koppelung der Rentensteigerungen nicht mehr an die Nettolöhne, sondern an die Inflation sein. Gestufte Rentensteigerungen, durch die man niedrigere Renten stärker erhöht als höhere Ruhestandsbezüge, könnten die Reform ebenfalls gerechter wirken lassen. Das gilt auch für Differenzierungen beim Renteneintrittsalter je nach Tätigkeit. Gerecht wären auch ergänzende Steuermittel aus Vermögen, die Ältere, die in der Regel wohlhabender sind, stärker belasten.

Ein Mix an Vorschlägen ist nötig, um die Akzeptanz einer Rentenreform zu erhöhen. Die Frage ist doch, ob Rentenreformen in einer Demokratie, in der Po­li­ti­ke­r:in­nen nichts so sehr fürchten wie die Wut der Wähler:innen, überhaupt möglich sind. Oder eben nicht. Letzteres wäre fatal.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch). Kontakt: dribbusch@taz.de
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