Geplante Kühne-Oper in Hamburg: Jetzt kostet sie die Stadt schon eine Viertelmilliarde
Höchstens 147,5 Millionen Euro würde Hamburg für die neue Oper bezahlen, hieß es im Februar. Nun kommt heraus: Die Stadt gibt mehr als 250 Millionen.

V ielleicht hat die versammelte Hamburger Presse, die taz eingeschlossen, ja einfach nur nicht gut genug aufgepasst – damals im Februar, als der Hamburger Senat feierlich bekannt gab, dass die Stadt eine neue Oper von Klaus-Michael Kühne geschenkt bekommt.
Er bezahlt sie. Punkt, aus. Einzig das ausgewählte Grundstück, eine wertvolle Brache an der Elbe, kommt dafür aus dem Eigentum der Stadt. Und, nun gut, die nötigen Vorbereitungs- und Erschließungsarbeiten der Fläche übernimmt die Stadt auch: 147,5 Millionen Euro und dann ist wirklich Schluss. Alles Weitere bezahlt der Milliardär.
So klang das aus den Mündern von Bürgermeister Peter Tschentscher und Kultursenator Carsten Brosda (beide SPD), so war es überall zu lesen. Hätte man damals die zeitgleich verschickte Pressemitteilung des Senats ganz genau gelesen, wäre an einer wichtigen Stelle das unscheinbare Wort „außerdem“ aufgefallen.
Will Hamburg die Kosten nur peu à peu bekannt geben?
Hat nur niemand so recht und deshalb wurde erst am Dienstag – mehr als ein halbes Jahr später – bekannt, dass die Stadt tatsächlich mehr als eine Viertelmilliarde Euro für den Bau der anvisierten neuen Oper hinzugibt.
In Wahrheit sind die 147,5 Millionen Euro nämlich gar nicht für vorbereitende Maßnahmen, sondern für den Opernbau selbst eingeplant. In den Worten des Senats: für die „standortspezifischen Mehrkosten“, die ein Gebäude direkt am Wasser mit sich bringt. Für Flutschutz, etwa. Die Erschließungsarbeiten indes fallen unter die nun erstmals genannten 104 Millionen, die – das hätte man damals nicht übersehen dürfen – „außerdem“ hinzukommen.
Mit diesen 104 Millionen Euro sollen auch der die Oper umgebende Freiraum und die Promenade bezahlt werden, erklärten die Senator:innen für Kultur, Stadtentwicklung und Finanzen (alle SPD) am Dienstag. Das sei alles ein ganz normaler Vorgang, beteuerten sie, als sie die zuvor unbekannte Zahl im Munde führten. Auch davon, dass der Opernneubau ein „Geschenk“ von Klaus-Michael Kühne an seine Heimatstadt sei, ließen sie nicht ab.
Das kann man so sehen: Wenn die Stadt für 251,5 Millionen Euro eine nagelneue Oper bekäme, wäre das ein spottbilliger Preis – fühlt sich fast wie ein Geschenk an.
Andererseits: Wenn der Senat jetzt schon, lange bevor die Planung des Baus begonnen hat, die erfahrungsgemäß erhebliche Kostensteigerungen nach sich ziehen dürfte, versucht, die öffentlichen Kosten peu à peu und zeitlich ordentlich gestreckt bekanntzugeben – dann sollten alle Alarmglocken bei den Abgeordneten der Bürgerschaft schrillen. Die müssen nun nämlich dem Zuschuss zustimmen.
Und: Ist das wirklich ein Geschenk, wenn es Kosten verursacht? Oder viel mehr: Wenn zwei Partner sich den Preis teilen, bei dem der eine etwas mehr dazugibt als der andere? Selbst wenn Kühne für sein Denkmal am Ende eine seiner zahlreichen Milliarden bereitstellt, wäre das Verhältnis immer noch weit entfernt davon, ein Geschenk zu sein.
Vielmehr sieht das immer mehr nach einem für beide Seiten ordentlichen Deal aus, der da in Hinterzimmern ausgehandelt wurde: Kühne bekommt sein Denkmal, der Hamburger Senat finanzielle Hilfe. Mehr aber auch nicht – und ganz sicher ist das kein Geschenk.
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