Geplatzter Atomdeal mit Russland: Pretoria braucht neuen Energieplan

Bis zu acht neue AKWs wollte die südafrikanische Regierung errichten. Das Problem: Sie umging bei dem Geschäft das Parlament.

Aktivistin auf einem Kohlehaufen auf einer Seebrücke, zwei Säcke tragen die Aufschrift: "Let them eat carbon“

Südafrikanischer Energiemix stimmt nicht: Anti-Kohle-Proteste in Durban Foto: reuters

JOHANNESBURG taz | Ist das ambitionierte Atomprogramm Südafrikas gescheitert? Wenn es nach einem Gerichtsurteil von Ende April geht, muss die Regierung in Pretoria zumindest einen komplett überarbeiteten Energieplan vorlegen. Nach Ansicht von kritischen Experten wie Ted Blom von Undoing Tax Abuse (OUTA) würden dazu auch öffentliche Anhörungen und die Bewertung potenzieller AKW-Standorte durch unabhängige Umweltfachleute gehören. Vor knapp einer Woche hatten die Richter in Kapstadt die bisherigen Pläne aus Pretoria für rechtswidrig erklärt, den südafrikanischen Atomenergiesektor mithilfe von Russland auszubauen.

Der staatliche Stromversorger Eskom wollte zwischen 2023 und 2030 bis zu acht neue Atomkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 9,6 Gigawatt errichten Die Technik sollte der russische Staatskonzern Rosatom liefern. Die zunächst geheime Zusage an Russland soll bereits 2014 ergangen sein. Das Urteil ist ein großer Sieg für die einheimische Umweltorganisation Earthlife und ihren Partner, das South African Faith Communities Environment Institute. Beide hatten im Oktober 2015 gegen die Pläne geklagt. Sie warfen den Beteiligten vor, den offiziellen Rechtsweg umgangen zu haben. Danach hätten die Verträge vor ihrem Abschluss im Parlament diskutiert werden müssen. Diese Auffassung teilten jetzt offenbar die Richter.

Noch vor wenigen Wochen schien Präsident Jacob Zuma mit einer radikalen Kabinettsumbildung alle Hürden für das Atomgeschäft aus dem Weg geräumt zu haben: Unter anderem hatte er Finanzminister Pravin Gordhan abgesetzt, der als das größte Hindernis galt, weil er wiederholt vor den Kosten des Projekts warnte, die neue Schulden für Südafrika bedeutet hätten. Auch die Energieministerin und der Vizeminister für Staatsunternehmen mussten gehen.

Einer unabhängigen Anti-Korruptions-Organisation zufolge gibt es Hinweise darauf, dass Präsident Zuma sich bei der Ernennung von Ministern und Top-Managern der Staatskonzerne von den Gupta-Brüdern beeinflussen ließ. Auch seine Familie soll von den Beziehungen zu dieser indischen Familie profitieren, Medienberichten zufolge bekleidete sein Sohn in insgesamt elf Gupta-Firmen hohe Posten.

Südafrika hat immer wieder Probleme mit der Energieversorgung – und vor allem mit dem Strommix. Die Netze sind veraltet, 90 Prozent der Elektrizität stammen aus der Verbrennung von Kohle, die für eine hohe Luftverschmutzung verantwortlich ist. Umweltorganisationen gehen aber davon aus, dass Südafrika in 20 Jahren auch ohne Atomstrom auskommen könnte, wenn es den Ausbau erneuerbarer Energie stärker forciert. Die Pro-Atom-Lobby hält dagegen. Sie weist den Vorwurf geheimer Abkommen mit Russland zurück und fordert die Regierung auf, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.