Gericht stoppt Langstreckenblitzer: Freiheit für Raser

Das Verwaltungsgericht in Hannover erklärt Section Control für rechtswidrig. Niedersachsens Innenminister muss die Anlage sofort abschalten.

Blitzer am Ende der Section-Control-Strecke

Am Ende der Strecke warteten bislang die Blitzer: Section Control bei Hannover Foto: dpa

HANNOVER taz | Das Verwaltungsgericht Hannover hat den deutschlandweit ersten Langstreckenblitzer namens Section Control gestoppt. Rechtsanwalt Arne Ritter, der auf der Strecke fast täglich unterwegs ist, hatte gegen das niedersächsische Pilotprojekt geklagt. Er sieht sich von der Anlage, die auch dann für einen kurzen Zeitraum Kennzeichen speichert, wenn Fahrer*innen nicht zu schnell unterwegs sind, in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

Das niedersächsische Innenministerium testet seit Mitte Januar zwischen Gleidingen und Laatzen auf 2,2 Kilometern die Alternative zu herkömmlichen Blitzern und ermittelt dort die durchschnittliche Geschwindigkeit von Autos auf der Strecke. Nach dem Urteil muss das Ministerium die Anlage, in die es bisher rund 450.000 Euro gesteckt hat, jedoch sofort abschalten.

Richter Michael Rainer Ufer gab dem Kläger Recht. Es gebe derzeit keine Rechtsgrundlage für Section Control. Diese ist im geplanten, niedersächsischen Polizeigesetz zwar vorgesehen, es wird aber ohnehin wegen umfassender Kritik seit Monaten überarbeitet.

FDP fordert Entschuldigung

Dass sich das Innenministerium für den Pilotbetrieb auf die polizeiliche Generalklausel beruft, die besagt, dass die Polizei notwendige Maßnahmen treffen kann, um eine Gefahr abzuwehren, hält Ufer nicht für zulässig. Es stehe der Polizei frei, an der Strecke herkömmliche Blitzer aufzustellen.

Auch die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel (CDU) hatte die Abschaltung der Anlage gefordert: „Ich halte das für einen guten Tag für die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger.“ Der FDP-Abgeordnete Jörg Bode forderte, dass sich Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei den Bürger*innen entschuldigt, „in deren Grundrechte er zu Unrecht zehntausendfach am Tag eingegriffen hat“.

Ministeriumssprecherin Svenja Mischel kündigte an, dass die Anlage umgehend abgeschaltet werde. Das Ministerium prüfe weitere rechtliche Schritte. Eine Berufung ist möglich.

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