Gericht: Rocker weichgespült

Vier Unterstützer der Rockergruppe "Bandidos" stehen wegen Brandstiftung vor dem Landgericht. Einen von ihnen hat die Staatsanwaltschaft als Kronzeugen gewonnen.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Dienstag am Landgericht Berlin der Prozess gegen vier Unterstützer der Rockergruppe "Bandidos" begonnen. Bild: DAPD

Sechs Polizei-Mannschaftswagen stehen vor dem Kriminalgericht Moabit. Beamte in schusssicheren Westen patrouillieren durch die Flure und überwachen den Hochsicherheitssaal 700. An diesem Dienstag beginnt hier der Prozess um eine Racheaktion im Rockermilieu.

Polizei und Staatsanwaltschaft sprechen grundsätzlich von „Outlaw Motorcycle Gangs“, wenn es um Hells Angels und Bandidos geht. Die beiden Gruppen sind miteinander verfeindet. Nach Auffassung der Ermittlungsbehörden sind sie tief in Straftaten verstrickt. „Das geht von Zuhälterei über Rauschgifthandel bis zu Tötungsdelikten“, sagte der Leiter des Landeskriminalamts, Christian Steiof, im Juli zur taz. Nicht nur in Berlin, wo im Mai das „Berlin City“-Charter der „Hells Angels“ verboten wurde, haben die Sicherheitsbehörden die Daumenschrauben angezogen. Dennoch ist es schwer, den Gangs das Handwerk zu legen. Wer mit der Polizei zusammenarbeitet und redet, sei zum Abschuss freigegeben, so Steiof.

So gesehen ist Roman L. für die Ermittler ein Glücksfall. Der 24-Jährige war Mitglied der Supporter-Gruppe „La Onda“, einer Unterstützergruppe der Bandidos. L. sitzt seit über zwei Jahren unter anderem wegen Raubes in Haft. Im Frühjahr 2012 hat er nach Auskunft seines Anwalts Hansgeorg Birkhoff ausgepackt und dabei eine Reihe seiner früheren Mitstreiter von La Onda belastet.

Der Prozess in Saal 700 ist der erste. Weitere könnten folgen, wenn Roman L. als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft die Feuerprobe in Punkto Glaubwürdigkeit besteht. Als Gegenleistung winkt erheblicher Strafrabatt.

Auto angezündet

Zusammen mit drei weiteren Angeklagten ist L. wegen Brandstiftung angeklagt. Im Januar 2010 sollen die vier Männer, die zum Tatzeitpunkt alle zu La Onda gehörten, als Vergeltungsaktion ein Auto in Marzahn gezündet haben. Einem Mitglied der verfeindeten Brigade 81 sollte damit ein Denkzettel verpasst werden, so die Anklage. Bei der Brigade 81 handelt es sich um eine Supporter-Gruppe der Hells Angels.

Schnell wird klar: Das angezündete Auto – laut der Vorsitzenden Richterin „kein Neuwagen, sondern ein älteres Modell“ – ist in diesem Prozess nur Mittel zum Zweck. Gegen ein Geständnis sei sie bereit, Milde walten zu lassen, signalisiert die Richterin den Angeklagten. Die Aufforderung ist weniger an L. als an die anderen drei gerichtet. „Wir haben ganz geringe Anforderungen an ein Geständnis“, lockt sie. Dann unterbricht sie den Prozess für eine halbe Stunde, damit sich die Angeklagten mit ihren Anwälten beraten können.

Nach der Pause gestehen alle. Der 25-jährige Angeklagte Konstantin S. – in anderer Sache wegen versuchten Totschlags zu sechs Jahren Haft verurteilt – lässt über seinen Anwalt Peter Zuriel mitteilen, dass er bei der Brandstiftung eine Tatbeteiligung einräume. Was aber die konkrete Ausführung angehe, habe L. die Unwahrheit gesagt, versucht der Anwalt L. als unglaubwürdig darzustellen.

Roman L. wird von der Richterin als Letzter befragt. Er bleibt bei seinen belastenden Angaben und schmälert auch seine eigene Tatbeteiligung nicht. Nach den Motiven für seine umfassenden Angaben gegenüber der Staatsanwaltschaft befragt, antwortet er: „Ich wollte mit der kriminellen Vergangenheit abschließe.“

Konstantin S., der zum Tatzeitpunkt Vizepräsident bei La Onda gewesen sein soll, lächelt während L.s Vernehmung maliziös. Sein Mandant riskiere mit seiner Aussage viel, sagt L.s Anwalt Birkhoff. In den Kreisen der Motorradgangs werde immer von Respekt gesprochen. „Aber vor denen hat keiner Respekt. Vor denen haben alle Angst.“

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