Gerichtsentscheid gegen Trump: Einreiseverbote bleiben außer Kraft

Das Bundesberufungsgericht in San Francisco entschied einstimmig gegen den US-Präsidenten. Trump kündigte an, die Entscheidung anzufechten.

Eine Frau mit einem bunten Regenschirm läuft vor einem grauen Gebäude entlang

Bunter Lichtblick in grauen Zeiten: der Entscheid des Gerichts in San Francisco Foto: ap

NEW YORK taz | Donald Trump erleidet eine neue Niederlage und bekommt eine Lektion erteilt: Ein dreiköpfiges Bundesberufungsgericht in San Francisco hat am Donnerstagabend einstimmig entschieden, das Einreiseverbot für Staatsangehörige aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern weiterhin auszusetzen. Die RichterInnen sahen keinen Nutzen in dem Einreiseverbot. Und sie erklärten dem Neuen im Weißen Haus, dass es zur „fundamentalen Struktur unserer Demokratie“ gehört, dass Gerichte die politischen Entscheidungen im Zweifel auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen können.

Bürgerrechts- und ImmigrantInnengruppen reagierten mit Glückwünschen an die drei RichterInnen. „Dies ist sicher nicht die letzte gerichtliche Entscheidung“, erklärte die Gruppe Human Rights Watch in Los Angeles, „aber die klare und starke Aussage, dass das Gericht die Vollmacht hat, die Aktionen des Präsidenten auch dann zu überprüfen, wenn es um die nationale Sicherheit geht, ist eine Erklärung über die Unabhängigkeit der Justiz, die ausschlaggebend dafür ist, schädliche Übergriffe des Präsidenten zu kontrollieren.“

Trump reagierte umgehend mit wütenden Attacken. In einem Interview im Weißen Haus bezeichnete er die Entscheidung der drei RichterInnen als „politisch“, wiederholte seine vielfach bestrittene und durch nichts belegte Behauptung, das Reiseverbot mache das Land sicherer und bekräftigte, er werde letztlich gewinnen. Anschließend setzte er ein in Großbuchstaben verfassten Tweet ab: „Wir sehen uns vor Gericht, die Sicherheit unserer Nation steht auf dem Spiel.“

Die Entscheidung von San Francisco war Trumps zweites gerichtliches Scheitern mit dem Einreiseverbot. Dennoch macht er bislang keine Anstalten, die Botschaft zu verstehen. Er könnte ein neues Dekret schreiben, das die Gerichtsentscheide berücksichtigt. Stattdessen bereitet er seinen nächsten Gang zum Gericht vor, um auf seinem Ansinnen zu bestehen. Vermutlich zieht er dieses Mal vor das oberste Gericht.

Nur einen Tag lang in Kraft

Die drei RichterInnen des Gerichtshofs in San Francisco mussten mit ihrem Urteil klären, ob das am 27. Januar von Trump verhängte Einreiseverbot gegen Staatsangehörige aus sieben Ländern (Syrien, Iran, Irak, Jemen, Sudan, Somalia und Libyen) erneut in Kraft treten kann. Das „Muslim-Verbot“ war bislang nur einen Tag lang in Kraft. Doch diese Zeit reichte, um Flughäfen in den USA und in aller Welt für hunderte Reisender in Fallen zu verwandeln. Menschen aus den betroffenen Ländern – davon viele langjährige BewohnerInnen der USA mit Greencards und Doppelstaatsangehörigkeiten – wurden entweder schon an Abreiseflughäfen abgewiesen, oder bei der Ankunft in den Empfangshallen in Handschellen in Abschiebezellen an den Flughäfen abgeführt und dort wie VerbrecherInnen behandelt.

Gleichzeitig füllten sich die internationalen Flughäfen der USA mit DemonstrantInnen, von denen viele bis in den späten Samstagabend blieben. Sie verlangten die Freilassung der Inhaftierten sowie die Rücknahme von Trumps Anordnung. Hunderte von AnwältInnen kamen ebenfalls zu den Flughäfen, um die Freilassung der Inhaftierten zu erreichen. Noch in der Nacht zu Sonntag entschieden mehrere Gerichte in den USA, die von Menschenrechtsgruppen angerufen worden waren, die Abschiebungen unmittelbar auszusetzen.

Wenige Tage später zogen die Bundesstaaten Washington und Minnesota gegen das Dekret vor Gericht. Sie argumentierten mit Nachteilen für ihre Industriezweige und Universitäten, die Menschen aus den betroffenen Ländern beschäftigten. Am 3. Februar schloss sich Bundesrichter James L. Robart in Seattle der Kritik der beiden Bundesstaaten an und hob das Einreiseverbot auf. Seine Entscheidung galt für die gesamten USA. Robart zog sich damit den ungezügelten Zorn von Trump zu. In einem Tweet schrieb der von einem „so genannten Richter“. Wenige Tage später strengte die US-Regierung das Berufungsverfahren an, das sie am Donnerstagabend verloren hat.

Das Einreiseverbot war die Umsetzung eines Versprechens, das Trump seinen AnhängerInnen im Wahlkampf gegeben hatte. Damals kündigte er ein „Einreiseverbot für Muslime“ an sowie ein nationales Register, in das sich MuslimInnen eintragen müssten. Letztlich setzte er sieben Länder auf den Index. Und begründete diesen Schritt damit, dass die nationale Sicherheit der USA gefährdet sei. Dabei haben Staatsangehörige der betroffenen Länder bislang keine Attentate in den USA verübt. Hingegen setzte Trump die großen Herkunftsländer von Terroristen – allen voran Saudi-Arabien – nicht auf seine Liste.

Nicht nur Gerichte, sondern auch Universitäten, RestaurantbetreiberInnen und High-Tech-Unternehmen setzten sich wegen der für sie entstehenden Nachteile zur Wehr. Mehrere betroffene Länder drohten ihrerseits Einreiseverbote für US-Angehörige an. Und eine hochkaratig besetzte Gruppe von ehemaligen DiplomatInnen, GeheimdienstlerInnen und PolitikerInnen erklärte, dass das Muslim-Verbot die USA unsicherer mache und der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ in die Hände spiele.

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