Gerichtsverfahren über Vereinsgründung: Ein Verein für LGBTI in Botswana

In Botswana ist gleichgeschlechtlicher Sex verboten. 2014 erstritt eine LGBT-Gruppe einen Eintrag als Verein. Der Staat will das rückgängig machen.

Menschen vor einem Gebäude mit einer Regenbogenfahne

LGBTI-Aktivist_innen und Anwälte vor dem Berufungsgericht in Gaborone am 15. Januar 2016 Foto: Promo

BERLIN taz | „Das Recht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung gilt für alle“, sagt Dick Bayford, Anwalt in Botswana. Er vertritt die LGBT-Organisation Legabibo, kurz für „Lesbian, Gays and Bisexuals of Botswana“, vor dem Berufungsgericht in Gaborone, der Hauptstadt Botswanas. Kläger: der Staat Botswana.

Vor über zwei Jahren hatte ein Gericht Botswana gezwungen, Legabibo als Verein einzutragen. Eine Verweigerung des Eintrags würde Grundrechte wie das Recht der freien Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit verletzen, erklärte das Gericht in seiner Urteilsbegründung im November 2014.

Dies war ein großer Erfolg für die kleine LGBT-Community in einem der am wenigsten besiedelten Länder der Welt: Botswana ist etwas größer als Frankreich, hat aber nur etwas mehr als zwei Millionen Einwohner – eine Bevölkerungsdichte von drei Einwohnern pro Quadratkilometer (zum Vergleich Deutschland: 226). Bekannt ist das Land vor allem für seine Savannen und Wüsten (Kalahari) und für das artenreiche Okavangodelta.

Doch Botswana gilt auch als Musterbeispiel der Demokratie in Afrika, wird wahlweise als Schweiz oder Singapur von Afrika bezeichnet. Auf dem Korruptionsindex 2015 von Transparency International rangiert Botswana auf dem 28. Rang (von 168), ist also weniger korruptionsanfällig als europäische Staaten wie Polen und Spanien und alle afrikanischen Länder.

Anti-Homo-Gesetz wird nicht angewendet

Im Umgang mit Lesben und Schwulen ist Botswana nicht so radikal wie andere afrikanische Staaten. Homosexualität ist nicht illegal, nur der sexuelle Akt an sich. Darauf stehen bis zu sieben Jahre Gefängnis, wobei das Gesetz nicht angewendet wird.

Ein gesellschaftliches Stigma besteht dennoch. Und genau deswegen möchte der Staat Legabibo nicht als Verein eintragen. Nach einem Bericht der Midweek Sun erklärte Anwalt Otsile Rammidi am 15. Januar bei einer Anhörung des Berufungsgerichts, der Verein habe „gesetzlose Absichten“, die „inkompatibel mit Frieden, Wohlergehen und Ordnung in Botswana“ seien. Ihn staatlich zu registrieren, würde verbotene Akte populärer machen. Darüberhinaus würde es so aussehen, als unterstütze die Regierung gleichgeschlechtlichen Sex in Botswana.

Ähnlich hatte die Regierung bereits argumentiert, als sie 2012 die Registrierung der LGBT-Bürgerrechtsorganisation ablehnte. Erst das Gerichtsurteil von 2014 zwang den Staat zur Anerkennung der Gruppe.

Gelten Grundrechte für Homosexuelle?

Dieses Urteil fechtet die Regierung an, berichtet der Sunday Standard: Homosexuelle dürften sich nicht auf die verfassungsgemäßen Grundrechte berufen, argumentierte Rammidi in einer Anhörung Mitte Januar. Diese bezögen sich nämlich auf „Personen“ – und die Legabibo-Aktivist_innen hätten sich nicht als Menschen, sondern als „in einer besonderen Weise eingestellte Menschen“ ans Gericht gewandt. „Sie taten das als Homosexuelle“, zitiert die Website den Anwalt – quasi als Nicht-Personen, für die Grundrechte nicht gelten.

Die Anwält_innen von Legabibo Dick Bayford, Shimi Phage und Lesego Nchunga teilen diese Sicht nicht. Die Verfassung gelte für alle Bürger Botswanas ungeachtet ihrer Sexualität, erklärte Bayford laut einem Bericht auf dem Legabibo-Blog. „Die bloße Tatsache, dass die Ziele und Meinungen von Legabibo unpopulär oder kontrovers sein könnten, ist kein Grund, ihr Recht auf Versammlung mit ähnlich denkenden Einzelpersonen zu beschränken“, führte er nach einem Bericht der Zeitung The Monitor aus.

Unterstützung für die LGBT-Aktivist_innen kam am Tag der Anhörung von unerwarteter Seite: Festus Mogae, von 1998 bis 2008 Staatspräsident von Botswana, rief in einem Interview mit der UN-Website Africa Renewal zu mehr Offenheit gegenüber Lesben und Schwulen auf.

Das Urteil des Berufungsgerichts soll am 16. März veröffentlicht werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.