Gescheiterte Bürgerbeteiligung in BaWü: Verschoben, aber nicht aufgehoben

Ein Bürgerdialog in Stuttgart muss verlegt werden, weil sich kaum jemand angemeldet hat. Haben die Leute keine Interesse? Oder ist das Ganze einfach nur schlecht organisiert?

Redebedarf: Während die Bagger das alte Bahnhofsgebäude einreißen, sollen Bürger nun bei der Anbindung des neuen Bahnhofs mitreden. Bild: dpa

STUTTGART taz | Bislang hatte die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg viele schöne Worte über Bürgerbeteiligung verloren. Doch im Praxistest zeigt sich nun, wie schwer sie umzusetzen ist.

Am vergangenen Freitag sollte der sogenannte S-21-Filderdialog beginnen. Bei dem geht es um die Anbindung des Stuttgarter Flughafens an den geplanten Tiefbahnhof. Per Zufallsprinzip hatte die Staatsrätin für Bürgerbeteiligung, Gisela Erler, 250 BürgerInnen eingeladen, an der Diskussion teilzunehmen. Doch die scheinen an der Beteiligung wenig Interesse zu haben. Da sich bislang nur fünf der Eingeladenen angemeldet haben, muss der Dialog nun verschoben werden.

Immer wieder wird beim Thema Bürgerbeteiligung diskutiert, ob nicht nur diejenigen daran teilnehmen (können), die auch genug Zeit haben. Auch Erler sieht in diesem Fall ein Zeitproblem, allerdings anderer Natur. Sie verwies darauf, dass der Termin einen Tag vor Beginn der Pfingstferien lag. Nun soll der Dialog am 16. Juni beginnen. Bis dahin sollen mehr Einladungen verschickt werden.

Erler äußerte sich zur Absage ausgerechnet beim „Kongress für Beteiligung“, zu dem sie am Dienstag eingeladen hatte. Der Bahnhofsstreit sei ein „sehr, sehr vermintes Feld“, sagte sie. „Ob es uns gelingt, das richtige Verfahren zu finden, ist ungewiss.“ Auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte, dass die Landesregierung neue Wege gehe. „Da holpert es manchmal“, sagte er: „Ich weiß nicht, was daran so schlimm sein soll.“

Kritik kommt auch aus der SPD

Die Opposition und auch der Stuttgarter Kreisverband der mitregierenden SPD üben jedoch scharfe Kritik. „Die Landesregierung scheitert beim Filderdialog an der eigenen Unfähigkeit, wirklich auf die Menschen zuzugehen und sie ehrlich und gewollt in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen“, sagte die CDU-Verkehrspolitikerin Nicole Razavi.

Der SPD-Kreisvorsitzende Dejan Perc kritisiert die Vorbereitung. „Ich halte es für fahrlässig, wie kurzfristig und undurchsichtig die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Filderdialogs gestaltet wurde“, sagte er. „Zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger gerade eine gute Woche vor Beginn zur Teilnahme einzuladen, spricht einer ernst gemeinten Bürgerbeteiligung Hohn.“

Trotz der Verschiebung soll der Filderdialog bis zu den Sommerferien abgeschlossen sein.

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