Geschlossenes Heim in Bremen: Kein Heim für Flüchtlingskinder

Weil es kaum noch Bedarf gibt, hat sich nach den Grünen auch die SPD von dem Heim verabschiedet. Nur noch die CDU ist für das Konzept.

Der Schatten einer Zellenwand und eines Inhaftierten auf Beton

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden in Bremen nun doch nicht weggesperrt Foto: dpa

BREMEN taz | Bremen wird keine geschlossenen Unterbringung für geflüchtete Jugendliche bauen. Darauf haben sich SPD und Grüne jetzt verständigt – und damit ihren Koalitionsvertrag revidiert. Kommende Woche wird der Senat die Pläne für ein solches Heim wohl offiziell beerdigen.

Das hat mehrere Gründe. Zum einen fehlen mittlerweile die Insassen: Schon im Dezember hatte Sozialstaatsrat Jan Fries der Bürgerschaft erklärt, aktuell kämen maximal noch drei Jugendliche für eine geschlossene Unterbringung infrage. Andere sind weggezogen oder schlicht erwachsen geworden. Zum anderen wäre die im Blockland geplante Einrichtung sehr teuer geworden.

Bis 2004 war auf dem Gelände der Jugendvollzug des Bremer Gefängnisses. Doch das Gebäude ist voller Asbest und hat noch nicht mal eine Zufahrtsstraße, über die schwere Baufahrzeuge rollen könnten. Das Heim wäre also wohl erst 2019 fertig geworden – und hätte womöglich zehn Millionen Euro gekostet.

Am Montag beschlossen die Grünen im Beisein ihrer drei SenatorInnen auf einer Fraktionsklausur, dass auf eine geschlossene Unterbringung im Blockland „verzichtet werden kann und muss“. Ihr Kalkül: Kommt dieses auf 32 Plätze angelegte Heim nicht, wird es auch anderswo in Bremen keines geben.

Der Koalitionsvertrag von 2015 nennt das Heim Ultima Ratio

Damit haben sie sich „kraftvoll hinter den fahrenden Zug geworfen“, lästerte am Tag danach die SPD-Landesvorsitzende Sascha Karolin Aulepp. Der rot-grüne Senat hat am Dienstag über das geschlossene Heim debattiert – aber noch keinen Beschluss gefasst, wie Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) der taz sagte. Doch der Tenor ist klar. „Es gibt gute Alternativen zu einem solchen Heim“, so Sieling. Zudem gebe es Experten zufolge „keine Möglichkeit“, das Klientel in sozialpädagogischen Einrichtungen „vernünftig zu betreuen“.

Noch im Dezember dachte SPD-Sozialpolitiker Klaus Möhle über eine „kleine Lösung“ nach – ein Heim mit acht bis zehn Plätzen an einem anderen Standort. „Das würde komplett ausreichen“, sagte er damals. Auch ein solches Heim hält er nun für unnötig. „Wir haben es mit einer völlig veränderten Entwicklung zu tun“, so Möhle gestern.

„Es gibt gute Alternativen zu einem solchen Heim“, sagt der Bürgermeister nun

Im Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne 2015 noch beschlossen, als „Ultima Ratio zusammen mit Hamburg schnellstmöglich eine fakultativ geschlossene Einrichtung“ zu schaffen. Für Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) war ein solches Heim unverzichtbar. Seinerzeit ging es um 25 bis 30 Menschen – teilweise als Straßenkinder aufgewachsen, drogenabhängig und kriegstraumatisiert. Sie fielen wiederholt durch Raub, Diebstahl oder Widerstand gegen Polizisten auf. „Die Lage hat sich beruhigt“, sagte die Polizei im September auf einem Fachtag.

Grüne wie SPD verweisen nun auf andere Betreuungsangebote: Es gebe inzwischen zwei haftvermeidende Einrichtungen im stationären Bereich, zwei weitere seien in Planung, schreiben die Grünen in ihrem Positionspapier. Zudem seien ambulante aufsuchende Projekte der Straßensozialarbeit und andere intensivpädagogische Maßnahmen entstanden, die auch Erfolge erzielt hätten. Und im Gefängnis in Oslebshausen gebe es in der Jugendhaft mehr Personal und Dolmetscher, um die Betroffenen zu erreichen.

Die CDU indes fordert, das Heim „wie angekündigt“ in Betrieb zu nehmen und dort nicht nur Geflüchtete unterzubringen, sondern auch andere jugendliche Intensivtäter. Sie spricht von einer „Koalitionsposse“. In den vergangenen zwei Jahren sei „schlichtweg gar nichts Wirkungsvolles passiert“, findet die CDU.

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