Gesetz zu Vaterschaften: Sondertests für Migranten angezweifelt

Ein Gesetz erlaubt dem Staat ledige Eltern von Migrantenkindern zum DNA-Test zu schicken. Mehrere Gerichte haben nun das Verfassunsgericht gebeten, dies zu prüfen.

Eheliches oder uneheliches Kind? Ist dem Grundgesetz egal, den Ausländerbehörden nicht. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Gesetz zur Anfechtung von Vaterschaften binationaler unehelicher Kinder ist möglicherweise verfassungswidrig. Judith Blohm, Sprecherin des Bundesverfassungsgerichtes, bestätigt, dass mehrere Gerichte Karlsruhe um eine Prüfung des Gesetzes gebeten haben: „Möglicherweise geschieht das noch in diesem Jahr.“

Der Bundestag hatte das Gesetz 2007 beschlossen. Es soll sogenannte missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen bei nicht verheirateten binationalen Familien verhindern. Beispiel: Eine Kosovarin ohne Aufenthaltsrecht bekommt ein Kind von einem deutschen Vater. Mit der Geburt erwirbt das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, seine Mutter erhält ein Aufenthaltsrecht.

Nach Erkenntnis von Ausländerbehörden sollen solche Vaterschaftsanerkennungen oft missbräuchlich gemacht worden sein. Es gebe sogenannte Kioskväter, also Sozialhilfeempfänger aus dem Suchtmilieu, die gegen Geld die Vaterschaft anerkannt und der Frau damit zum Aufenthaltsrecht verholfen haben sollen. Weil die Männer von Sozialleistungen lebten, könnten sie von den Jugendämtern nicht zur Zahlung von Unterhalt herangezogen werden. Sie bekämen sogar Geld von der Mutter.

Derlei Abmachungen wollte man 2007 einen Riegel vorschieben. Die große Koalition verabschiedete ein Gesetz, wonach Jugendämter, Ausländerbehörden und Standesämter Vaterschaften vor einem Familiengericht anfechten können, „wenn weder eine sozial-familiäre noch eine leibliche Vaterschaft zugrunde liegt“. Solche Vaterschaften seien „nicht schützenswert“. Seither können die Behörden Eltern und Kind zum DNA-Test schicken.

Im Juni äußerte der Bundesgerichtshof Zweifel, ob das Gesetz grundgesetzkonform ist. Ihm lag der Fall einer vietnamesischen Mutter vor, für deren Kind ein deutscher Mann die Vaterschaft anerkannt hatte. Da das Grundgesetz eheliche und nichteheliche Kinder prinzipiell gleichstellt, fragte der Bundesgerichtshof: Werden hier nichteheliche Kinder gegenüber ehelichen benachteiligt? Denn bei ehelichen Kindern darf keine Behörde darüber entscheiden, wer Vater ist. Erklären beide Eltern übereinstimmend, sie sind Eltern, spielt keine Rolle, ob der Vater das Kind gezeugt hat.

Gerichte in ganz Deutschland zweifeln

Laut Bundesverfassungsgericht haben außerdem das Amtsgericht Hamburg-Altona, das Amtsgericht Fürth und das Oberlandesgericht Bremen einen Prüfauftrag nach Karlsruhe geschickt. Aus Hamburg wurde der Auftrag bereits 2010 erteilt. Seitdem ruhen in der Hansestadt alle gerichtlichen Anfechtungen von Vaterschaften. In Nordrhein-Westfalen hat ein Anwaltsbüro 2011 eine einstweilige Anordnung in Karlsruhe durchgesetzt, dass Familiengerichte die Vaterschaften in Fällen binationaler unehelicher Kinder nicht mehr willkürlich durch DNA-Tests prüfen dürfen.

Für die Berliner Anwältin Petra Schlagenhauf, die eine der Klägerinnen vertritt, gehört das gesamte Konzept der Vaterschaftsanfechtungen durch Behörden abgeschafft. „Hier mischt sich der Staat in familiäre Beziehungen ein, um unerwünschte Einwanderung nach Deutschland zu verhindern.“

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