Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung: Maas macht mobil

Der Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung liegt früher vor als erwartet. Für eine kritische Bewertung bleibt bei dem Tempo kaum Zeit.

Ein ganz Schneller: Bundesjustizminister Heiko Maas. Bild: dpa

FREIBURG taz | Das Justizministerium hat schnell gearbeitet. Erst vor vier Wochen hatte Justizminister Heiko Maas (SPD) „Leitlinien“ zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung vorgelegt. Jetzt liegt schon der fertige Gesetzentwurf vor. Netzpolitik.org hat ihn am Wochenende geleakt. (pdf bei Netzpolitik, alternativ eine Kopie auf taz.de)

Der Gesetzentwurf befindet sich jetzt mit knapper Frist in der Ressortabstimmung der Bundesregierung. Das heißt: Die anderen Ministerien können noch Stellung nehmen. Allerdings ist der Entwurf bereits mit dem Innenministerium abgestimmt, sodass vorerst mit keinen weiteren Änderungen zu rechnen ist.

Wenn das Tempo so weitergeht, wird das Gesetz noch vor dem Sommer im Bundestag beschlossen. Die Bundesregierung will den Kritikern offensichtlich keine Zeit geben, sich zu einer breiten Bewegung zu formieren.

Wie bereits in den Leitlinien angekündigt, soll künftig zehn Wochen lang gespeichert werden, wer wann mit wem telefoniert/gesimst hat. Ebenso wird zehn Wochen lang festgehalten, wer sich wann mit welcher IP-Adresse ins Internet einwählte. Der Standort von Handys wird nur vier Wochen lang gespeichert. Die Verbindungsdaten von E-Mails sollen verschont bleiben.

Anlasslos und auf Vorrat

Erfasst werden jeweils die Daten der gesamten Bevölkerung. Die Speicherung erfolgt anlasslos und auf Vorrat. Die Polizei kann aber nur beim Verdacht auf bestimmte schwere Straftaten darauf zugreifen. Von Polizeiseite wurde bereits kritisiert, dass man so zum Beispiel den Enkeltrick nicht aufklären kann. Dabei rufen Betrüger bei alten Leuten an und geben sich als Enkel in Notlage aus. Den alten Leuten ist es peinlich, dass sie sich an den Enkel nicht erinnern können, weshalb sie oft ihr gesamtes Geld Fremden übergeben.

Auch in Zukunft kann die Nummer des Anrufers aber festgestellt werden, wenn das Telefonunternehmen aus technischen Gründen oder zu Abrechnungszwecken noch über die Verbindungsdaten verfügt. In der Praxis sind solche Daten bislang erstaunlich häufig vorhanden gewesen. Auch rechtlich ist der Zugriff dann möglich, denn ohnehin vorhandene Daten darf die Polizei zur Aufklärung von Taten abfragen, die „mittels einer Telekommunikationseinrichtung“ begangen wurden.

Breiter ist der Nutzungsbereich der auf Vorrat gespeicherten IP-Adressen. Mit der sogenannten Bestandsdatenauskunft dürfen Straftaten aller Art aufgeklärt werden. Nur Ordnungswidrigkeiten sind ausgenommen. Bei der Bestandsdatenauskunft will die Polizei wissen, welchem Vertragsinhaber eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet war. In der Praxis dürfte das wohl die wichtigste Nutzung der Vorratsdaten sein.

Facebook-, Twitter- und WhatsApp-Nachrichten werden als Telemediendienste vom Gesetzentwurf gar nicht erfasst. Die Speicherpflicht ist damit so lückenhaft, dass es diesmal nicht zuletzt ums Prinzip geht. Wenn so die anlasslose Speicherung durchgesetzt ist, werden die Lücken vermutlich umso lauter beklagt werden.

Eine laut Gesetzentwurf geplante Statistik dürfte daher nicht nur Material für Kritiker liefern. Künftig soll jährlich veröffentlicht werden, wie oft die Polizei auf zwangsweise gespeicherte Vorratsdaten zugreift, wie oft sie vorhandene Verkehrsdaten abfragt und wie oft Abfragen „ergebnislos geblieben sind, weil keine Daten verfügbar waren“.

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