Gesetzentwurf des Innenministeriums: Das Amt will seine V-Leute schützen

Das Bundesinnenministerium will die Auswahl und den Einsatz der Informanten verbessern. Außerdem sollen Delikte künftig straffrei sein.

Demo in Hannover: Who's who bei den „Hooligans gegen Salafisten“? Bild: dpa

FREIBURG taz | V-Leute sollen künftig straffrei bestimmte Delikte begehen können. Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums vor, der vor zwei Wochen bekannt wurde. In der Großen Koalition wird das aber wohl nicht zu Zerwürfnissen führen.

Burkhard Lischka, der neue innenpolitische Sprecher der SPD, trägt die Linie von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit. Wichtig ist der SPD vor allem, dass Auswahl und Einsatzbedingungen der V-Leute überhaupt geregelt und eingeschränkt werden.

Nach dem Ermittlungsdesaster bei der rechten Terrorgruppe NSU, die jahrelang unerkannt zehn Menschen töten konnte, stand der Verfassungsschutz mächtig unter Beschuss: Weder wurden die zehn Morde als rechtsradikale Terrorakte erkannt. Noch wurde nach den drei 1998 untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe entschlossen genug gefahndet. V-Leute in der rechten Szene lieferten zwar immer wieder Hinweise, diese versickerten aber im Apparat.

Hauptziel des Entwurfs ist nun, die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden zu verbessern. So soll sich das Bundesamt, laut Focus, künftig ohne Erlaubnis des zuständigen Landes in regionale Aufgaben einschalten, um „Beobachtungslücken“ auszuschließen.

V-Leute sind Spitzel, die – gegen Geld oder andere Vorteile – aus extremistischen oder kriminellen Milieus berichten, in denen sie ohnehin verkehren. Geheimdienste wie Polizei arbeiten mit V-Leuten zusammen. Das „V“ steht für „Vertrauen“ oder „Verbindung“.

Verdeckte Mitarbeiter sind Beamte des Verfassungsschutzes, unter einer Legende dauerhaft in bestimmte Szenen eingeschleust. Das ist mühsam und gefährlich, wird deshalb selten praktiziert. Bei der Polizei spricht man von „verdeckten Ermittlern“. (chr)

Keine Schwerkriminellen mehr

Um die Akzeptanz der V-Leute in der Öffentlichkeit zu verbessern, sollen künftig keine Schwerkriminellen mehr als Spitzel angeheuert werden. Auch soll die Bezahlung so beschränkt sein, dass der V-Mann nicht dauerhaft davon leben kann. V-Leute sollen die Szenen, aus denen sie dem Amt berichten, auch nicht selbst steuern. Der Verfassungsschutz muss sich bei der Wahl der Spitzel künftig also auf Mitläufer und Randfiguren konzentrieren.

Diese Regeln sind nicht völlig neu. Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich schon im Mai 2013 auf derartige Beschränkungen geeinigt. Doch erst in der schwarz-roten Koalitionsvereinbarung vom Dezember 2013 wurde bestimmt, dass die Regeln zur Auswahl von V-Leuten künftig auch im Gesetz über den Bundesverfassungsschutz stehen sollen.

Dass dort zusätzlich nun auch geregelt wird, wann das Verhalten von V-Leuten straflos sein soll, hat einen anderen Grund. In einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf heißt es, dass V-Leute allenfalls Strafermäßigung erhalten können, aber keine Straffreiheit – soweit dies nicht gesetzlich angeordnet ist.

Gesetzentwurf noch am Anfang

Die Politik reagierte schnell, nicht nur aus Sorge um die V-Leute selbst, sondern auch zugunsten der V-Mann-Führer, denen sonst leicht Anstiftung zu Straftaten vorgeworfen werden könnte. Zudem sollen Beamte der Verfassungsschutzämter, die selbst unter einer Legende in extremistischen Szenen ermitteln, nun vor Strafverfolgung geschützt werden. Auch das wird sicher noch zu heftigen Diskussionen führen.

Der Gesetzentwurf steht aber noch ganz am Anfang. Laut Innenministerium findet derzeit die Abstimmung zwischen den Ressorts der Bundesregierung statt. Konflikte dürfte es am Ende vor allem mit den Ländern geben, die schon in der letzten Wahlperiode eine Stärkung des Bundesamts verhinderten.

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