Gesetzentwurf zu Menschenhandel: Für die Frauen ändert sich wenig

Die Koalition hat sich auf einen Gesetzentwurf geeinigt. Bordelle sollen stärker kontrolliert werden. Die Opferrechte bleiben dagegen, wie sie sind.

„Überwachungsbedürftiges Gewerbe“: Prostituierte in einem Bordell. Bild: dpa

BERLIN taz | Und plötzlich ging alles ganz schnell. Überraschend hat die Koalition sich auf ein Gesetz zu Menschenhandel und Prostitution geeinigt, gestern Abend sollte es in erster Lesung im Bundestag verhandelt werden.

Der Gesetzentwurf sieht die Ausweitung des Strafrechtsparagrafen zum Menschenhandel vor: Er soll künftig auch auf Menschen unter 18 Jahren angewandt werden und die Ausbeutung der Bettelei und den Organhandel mit einschließen. Zudem wird in dem Entwurf der Betrieb einer Prostitutionsstätte als „überwachungsbedürftiges Gewerbe“ festgelegt. Das bedeutet, dass die Gewerbeaufsicht Bordelle in Zukunft kontrollieren kann.

Die Überprüfung wird von den Grünen, den geistigen Eltern der Legalisierung der Prostitution, und den organisierten Bordellbetreibern prinzipiell begrüßt. Volker Beck hatte schon im Vorfeld klargestellt: „Wir fordern seit Langem, Prostitutionsstätten unter gewerbliche Aufsicht zu stellen.“

Stefanie Klee vom Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen schränkt ihr Lob ein: „Die Regulierung im Gewerberecht war überfällig. Allerdings ist sie nun reichlich vage.“ Eva Högl, die Berichterstatterin der SPD im Rechtsausschuss, kritisiert: „Man hätte eine Erlaubnispflicht ins Gewerberecht schreiben müssen, damit die Bordelle bestimmte Standards erfüllen und die Arbeitsbedingungen der Prostitutierten wirklich verbessert werden. Das ist an der FPD gescheitert.

Kein Rechtsschutz

Auf viel Kritik stoßen die Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels. Schon seit Jahren machen ExpertInnen darauf aufmerksam, dass die Opfer des Menschenhandels so wenig geschützt sind, dass viele von ihnen nicht vor Gericht gegen ihre Peiniger aussagen wollen.

Das Mittel dagegen: mehr Schutz, etwa durch zusätzliche psychologische Beratungsstellen, und ein Aufenthaltsrecht in Deutschland, wenn eine Abschiebung ins Herkunftsland eine Härte bedeuten würde. Das etwa haben die Grünen in ihren Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Menschenhandels hineingeschrieben.

Der Regierungsentwurf dagegen lässt den Opferschutz gänzlich außer Acht. Im Entwurf begründet die Union dies damit, dass die entsprechende EU-Richtlinie schnell umgesetzt werden müsse, die Maßnahmen zum Opferschutz dagegen „hätten eine intensive Prüfung und Erörterung erfordert“, die in dieser Legislaturperiode nicht mehr leistbar schien“.

Das findet kein Verständnis bei der Opposition: „Das ist peinlich“, sagte Eva Högl zur taz. „Sie haben sich vier Jahre lang mit dem Aufenthaltsrecht beschäftigt. Man hätte das Aufenthaltsrecht nun ohne Weiteres verändern können.“ Man sei sich im Prinzip auch im Rechtsausschuss einig gewesen.

„Wirklich beschämend“

Monika Lazar, frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, meint: „Es ist wirklich beschämend, dass Unionsfraktionschef Volker Kauder die Situation von Menschenhandelsopfern in Deutschland als einen Skandal beschreibt und dann mit nichts um die Ecke kommt.“

Die Frist zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2011/36/EU ist bereits am 5. April abgelaufen. Die Richtlinie enthält unter anderem Aufforderungen, mit den Opferberatungsstellen zusammenzuarbeiten und den Opfern von Menschenhandel einen sicheren Status – unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft – zu geben. Nichts davon steht nun im Gesetzentwurf.

„Die Richtlinie ist mit diesem Gesetzentwurf nicht korrekt umgesetzt“, moniert Eva Högl. Der Aufenthalt sei nicht geregelt, auch die Zusammenarbeit mit den Opferberatungen hätte reguliert und finanziert werden müssen.Verschoben auf die nächste Legislaturperiode.

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