Kampf gegen sexuelle Belästigung: Ministerin will filmende Spanner bestrafen
Justizministerin Hubig (SPD) kündigt einen Gesetzesentwurf gegen Voyeur-Aufnahmen und Catcalling an. Aus manchen Ländern bekommt sie Unterstützung.
Wer voyeuristische Aufnahmen einer anderen Person im öffentlichen Raum macht – etwa in der Sauna oder beim Joggen – kann bisher nicht strafrechtlich dafür belangt werden. Auch verbale sexuelle Belästigung ist aktuell in vielen Fällen, zum Beispiel beim sogenannten Catcalling, nicht strafbar. Beides soll sich nun ändern. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat angekündigt, sexuelle Belästigung und voyeuristische Aufnahmen stärker bekämpfen zu wollen – auch mit den Mitteln des Strafrechts. Auch bei der Justizminister:innenkonferenz (JuMiKo) am Ende der Woche soll das Thema zur Sprache kommen.
Frauen müssten sich im öffentlichen Raum so selbstverständlich bewegen können wie Männer, sagte die Bundesjustizministerin am Montag der Rheinischen Post. „Mein Ziel ist es, zügig einen praxistauglichen Gesetzentwurf vorzulegen – für einen besseren Schutz vor digitaler Gewalt, der uns bei der Ächtung von Aggression und Übergriffigkeit im öffentlichen Raum voranbringt“, so Hubig. Derzeit werde im Bundesjustizministerium (BMJ) geprüft, wie sich ein Umgang damit „kriminalpolitisch und rechtsstaatlich überzeugend“ regeln ließe. Einen genauen Zeitplan für den Gesetzentwurf gibt es noch nicht, sagte eine BMJ-Sprecherin auf Nachfrage der taz.
Unterstützt wird das Ziel unter anderem vom Landesjustizminister aus Nordrhein-Westfalen, Benjamin Limbach (Grüne), denn die Initative geht auch auf einen Fall aus Köln zurück: Im Februar hatte dort ein Mann eine Joggerin heimlich von hinten gefilmt. Die Frau, Yanni Gentsch, stellte den Mann zur Rede, filmte und veröffentlichte die Konfrontation und erhielt dafür auf sozialen Medien großen Zuspruch. Im Sommer forderte Gentsch schließlich mit einer Petition, Voyeur-Aufnahmen strafbar zu machen – und konnte 125.000 Unterschriften sammeln.
Die Petition wurde schließlich an den NRW-Justizminister übergeben. Der kündigte an, das Thema bei dem Treffen der Justizminister:innen einzubringen und sich für die Strafbarkeit von Voyeur-Aufnahmen einzusetzen. Das Fotografieren des Intimbereichs müsse strafbar sein, hieß es in einer Mitteilung des NRW-Justizministeriums im August. Keine Frau müsse kenntlich machen, dass sie dort nicht fotografiert werden wolle.
Wie das Strafgesetzbuch entsprechend geändert werden könnte, soll also nun Thema bei der JuMiKo am Ende dieser Woche sein. Das halbjährlich stattfindende Treffen dient den 16 Justizminister:innen der Länder zur Koordination und zum Austausch über aktuelle rechtspolitische Initiativen. Hubig selbst nimmt als Bundesministerin traditionell als Gast ohne Stimmrecht teil.
Auch Schwangerschaftsabbrüche auf der Tagesordnung
Neben dem Thema Voyeur-Aufnahmen und verbaler sexueller Belästigung scheint das Treffen in Leipzig aber auch anderweitig unter frauenpolitischen Vorzeichen zu stehen. So soll es beispielsweise auch um die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gehen.
Die Linken-Justizministerin Jacqueline Bernhardt aus Mecklenburg-Vorpommern hatte am Samstag angekündigt, einen Reformvorschlag zum Strafgesetzbuch-Paragrafen 218 einbringen zu wollen. Mit einem gemeinsamen Beschluss könnte die JuMiKo die Bundesjustizministerin auffordern, zu prüfen, ob ein entsprechender Gesetzesentwurf vorgelegt werden kann. Rechtlich bindend ist eine solche Aufforderung nicht, politisches Gewicht hat sie dennoch.
Zuletzt war unter der Ampelregierung eine fraktionsübergreifende Gruppe von Parlamentarier:innen mit dem Versuch gescheitert, ein Gesetz zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs im Bundestag zu beschließen.
Voyeur-Aufnahmen, verbale sexuelle Belästigung, Schwangerschaftsabbruch – wie sich die einzelnen Länder zu den jeweiligen Vorschlägen und Beschlussvorlagen verhalten, ist unklar. Wie auch im Bundesrat sind die Länder in der JuMiKo in zwei große Gruppen, in die sogenannten A- und B-Länder geteilt. Früher zeigte dies die Aufteilung zwischen SPD-regierten und Unions-regierten Bundesländern an, heute sind unter den tendenziell progressiveren A-Ländern aber auch Minister:innen der Grünen und Linken vertreten. Weil es derzeit acht A- und acht B-Länder gibt, könnte es zu einer Pattsituation kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert