Gesundheitskrise in Afrika: Botswanas Präsident gibt das Vorbild
Präsident Boko erklärt den Gesundheitsnotstand und will massiv ins staatliche Gesundheitssystem investieren. In ganz Afrika steckt dies in der Krise.

In ganz Botswana seien Krankenhäuser momentan lahmgelegt aus Mangel an Medikamenten, chronische Patienten blieben unbehandelt, sagte Boko zur Begründung des Notstands. „Wir werden dieses System ein für alle Mal reparieren“, sagte der Präsident in seiner Fernsehansprache und kündigte einen neuen staatlichen Gesundheitsfonds an, „um transparenten, nachhaltigen und verlässlichen Zugang zu Medikamenten für alle Bürger zu gewährleisten“.
5 Milliarden Pula (rund 320 Millionen Euro) sollen in den neuen Fonds „Health First Botswana Partnership“ fließen, viel Geld für das Land mit 2,5 Millionen Einwohnern und einem Staatshaushalt von knapp 100 Milliarden Pula im kommenden Haushaltsjahr.
Die ersten 100 Millionen Pula dafür sollen aus der staatlichen „Botswana Development Corporation“ kommen, die ansonsten vor allem die Einnahmen aus dem Diamantenexport anlegt. Die Notstandserklärung stellt sicher, dass es „keine rechtlichen oder regulatorischen Hindernisse zur Mobilisierung der nötigen Ressourcen“ gibt, so Boko weiter.
US-Kürzungen führten zu Medikamentenmangel
Als erstes stellt das Finanzministerium 250 Millionen Pula zum sofortigen Ankauf knapper Medikamente zur Verfügung. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums werden vor allem Medikamente gegen HIV-Aids, Tuberkulose und Krebs benötigt.
Ein Drittel der Aidsmedikamente in Botswana kamen bislang aus der US-Entwicklungshilfe, das ist jetzt den Kürzungen der Regierung Trump zum Opfer gefallen. Das gesamte öffentliche Gesundheitswesen schiebt Schulden von über 1 Milliarde Pula vor sich her und hat deswegen alle Überweisungen zu nicht lebensnotwendigen chirurgischen Eingriffen und Organtransplantationen ausgesetzt.
All dies soll jetzt ein Ende haben, verspricht der Präsident. „Die Regierung wird nicht ruhen, bis nicht jeder Motswana ununterbrochenen Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung hat“, sagte er.
Bloß nicht ins heimische Krankenhaus
Die Ankündigung verstärkter Investitionen ins heimische Gesundheitssystem kommt zu einer Zeit, in der in Afrika zunehmend über die Kluft zwischen Reich und Arm in der Gesundheit diskutiert wird. Viele afrikanische Politiker und Angehörige der global vernetzten Elite reisen zu jeder medizinischen Behandlung nach Europa, Asien oder Amerika.
Derweil kämpfen einfache Bürger mit Medikamentenmangel, Ärztemangel, schlechter Infrastruktur und hohen Kosten. Öffentliche Krankenhäuser in Afrika haben zu wenig Fachärzte und Medikamente, das unzufriedene medizinische Personal sucht bessere Gehälter in Übersee.
Zuletzt kam diese Debatte nach dem Tod von Nigerias Expräsident Muhammadu Buhari auf. Im Alter von 82 Jahren starb Buhari, Militärdiktator in den 1980er Jahren und gewählter Präsident von 2015 bis 2023, am 13. Juli in London und wurde zwei Tage später in seinem nordnigerianischen Geburtsort Daura beigesetzt.
Buhari war schon als Präsident Nigerias immer wieder zur medizinischen Behandlung in Großbritannien. Im Jahr 2017 dauerte das über sieben Wochen. Seine Regierung sprach von „Routineuntersuchungen“. Zuvor hatte Buhari über eine Ohreninfektion geklagt.
Schöner sterben in der Fremde
Buhari war kein Einzelfall. Simbabwes Expräsident Robert Mugabe starb 2019 im Alter von 95 Jahren in Singapur. Die Liste der jenseits von Afrika gestorbenen afrikanischen Führer umfasst desweiteren Omar Bongo (Gabun), Ahmed Sékou Touré und Lansana Conté (Guinea), Jose Eduardo dos Santos (Angola), Pascal Lissouba (Republik Kongo), Levy Mwanawasa und Michael Sata (Sambia), Malam Bacai Sanha (Guinea-Bissau) und Meles Zenawi (Äthiopien). Togos Exdiktator Gnassingbé Eyadéma starb in Tunesien in einem Flugzeug auf dem Weg in eine außerafrikanische Klinik.
John Atta Mills (Ghana) und Umaru Musa Yar’Adua (Nigeria) gehören zu den wenigen, die es von der Behandlung im Ausland zurück in die Heimat schafften, bevor sie starben. Ebenfalls im Ausland, aber immerhin in Afrika, starben Mobutu Sese Seko (Zaire, heute Demokratische Republik Kongo) sowie Kamuzu Hastings Banda (Malawi) und zuletzt im Juni Edgar Lungu (Sambia).
Afrikas Regierungen hatten sich 2021 in Nigerias Hauptstadt Abuja verpflichtet, mindestens 15 Prozent ihrer Budgets in Gesundheit zu stecken – tatsächlich waren es im vergangenen Jahr in ganz Afrika 7,4 Prozent.
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