Gewalt bei Garzweiler-Protesten: RWE lehnte Deeskalation ab

Polizei und RWE weisen sämtliche Vorwürfe zum Garzweiler-Einsatz zurück. Obwohl Videos und Augenzeugen diese belegen.

Polizist sprüht mit Pfefferspray einen Demonstranten an

So geht die Polizei in Garzweiler gegen die Aktivisten vor. Foto: Youtube / Screenshot

BERLIN taz | Nach der Besetzung des Braunkohletagebaus Garzweiler am Wochenende hat die Polizei den Vorwurf zurückgewiesen, eng mit dem Betreiber RWE zusammengearbeitet zu haben. Auch eine Einschränkung der Pressefreiheit wies der verantwortliche Polizeiführer Jürgen Möller aus Düren zurück. Seine Aussagen stehen teilweise im klaren Widerspruch zu Videoaufnahmen und Augenzeugenberichten.

Knapp 1.000 Menschen waren in den Tagebau Garzweiler eingedrungen, um gegen die mit der Braunkohlenutzung verbundene Landschaftszerstörung und Klimagefährdung zu protestieren. Am Einsatz gegen die Demonstranten, bei dem die Polizei zusammen mit dem Sicherheitsdienst von RWE agierte und Firmenfahrzeuge zum Transport von Polizisten und Aktivisten nutzte, gab es anschließend scharfe Kritik. Zudem beklagten Journalistenverbände, dass Medien – darunter die taz – bei der Berichterstattung behindert worden seien. Der WDR hatte zudem berichtet, dass RWE ein Deeskalationskonzept der Polizei abgelehnt hatte.

Dazu nahm Polizeichef Möller jetzt in einer ausführlichen Presseerklärung Stellung. „Eine gemeinsame Einsatzplanung und Einsatzdurchführung mit dem Tagebaubetreiber hat es nicht gegeben“, heißt es darin. Und: „Medienvertreter wurden nicht an der Ausübung der Pressefreiheit gehindert.“ Zudem nimmt Möller RWE in Schutz gegen den Vorwurf, dieser habe durch die Weigerung, die Maschinen im Tagebau schon im Vorfeld abzuschalten, Demonstranten gefährdet. „Nach Betreten der Betriebsflächen durch Aktivisten hat der Tagebaubetreiber sehr wohl die Anlagen abgeschaltet und seinen Teil zur Gefahrenminderung beigetragen“, schreibt der Polizeichef.

Auf Filmaufnahmen sieht das anders aus: Ein Video zeigt ein laufendes Förderband neben einer Gruppe DemonstrantInnen. Anschließend werden AktivistInnen von Polizisten mit Pfefferspray besprüht und dadurch gefährlich nahe an das Band gedrängt – im Widerspruch zu einer weiteren Aussage der Polizei: „Aus Sicherheitsgründen im Sinne aller Beteiligten wurde entschieden, es im näheren Umfelds des Tagebaus keinesfalls auf Eskalation ankommen zu lassen.“

Neben Pfefferspray setzten Polizisten unmittelbar unterhalb der Abbruchkante Schlagstöcke ein, was mindestens eine ernsthafte Kopfverletzung zur Folge hatte. Augenzeugen berichten auch von Übergriffen durch RWE-Mitarbeiter. Sie sollen nicht nur die Polizei unterstützt haben, sondern auch mit Fahrzeugen in gefährlicher Weise auf AktivistInnen zugefahren sein oder diese zu Boden gerissen haben.

Das nordrhein-westfälische Innenministerium wollte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. „Eine fundierte Bewertung können wir erst vornehmen, wenn alle Sachverhalte geprüft sind“, teilte ein Sprecher am Mittwoch mit. In der nächsten Woche wird das Ministerium allerdings Stellung nehmen müssen: Die Piratenfraktion hat für Donnerstag eine Anhörung im Innenausschuss des Landtags beantragt.

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