Gewalt gegen Proteste in Togo: „Mörderischer Wahnsinn“

Togos Opposition lehnt die Parlamentswahl am 20. Dezember ab. Die Regierung geht hart gegen Protestierende vor.

Merkel und Gnassingbe stehen nebeneinander

Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt Faure Essozimna Gnassingbe (Archivbild Oktober 2018) Foto: dpa

BERLIN taz | Am 20. Dezember sind Parlamentswahlen in Togo, aber der Opposition in dem kleinen westafrikanischen Land ist nicht nach Wahlen zumute. Bei Demonstrationen am Samstag in der Hauptstadt Lomé und der nördlichen Stadt Sokodé wurden Oppositionsberichten zufolge mindestens drei Menschen von Sicherheitskräften erschossen, darunter ein 11-jähriger Junge.

Oppositionsführer Jean-Pierre Fabré warf der Regierung von Präsident Faure Gnassingbé „mörderischen Wahnsinn“ vor. Ein von der Nachrichtenagentur AFP verbreitetes Video zeigt, wie Jugendliche Straßensperren bauen und Gendarmen der Eliteeinheit USIG – sie wird in Frankreich ausgebildet – auf einem mit hoher Geschwindigkeit fahrenden offenen Wagen schießend durch ein Wohnviertel rasen.

Die Familie Gnassingbé ist seit 1967 an der Macht. Auf Vater und Militärdiktator Gnassingbé Eyadéma folgte nach dessen Tod 2005 Sohn Faure. Der ließ sich vom Volk in Wahlen bestätigen, nachdem Proteste der Opposition brutal mit über 800 Toten unterdrückt worden waren. Seitdem laufen immer neue Generationen von Oppositionellen Sturm gegen das, was sie eine Familiendiktatur nennen.

Vergangenes Jahr hatte es wochenlange Massenproteste und Streiks gegeben mit dem Ziel, eine neue Verfassung zu verhindern, die Gnassingbés Zeit an der Macht über das reguläre Ende 2020 hinaus verlängert hätte.

Boykott und Druck auf der Straße

Nach einem Dialog unter westafrikanischer Vermittlung sagte die Regierung zu, zunächst kein Verfassungsreferendum abzuhalten, sondern Neuwahlen zum Parlament, dessen reguläre Amtszeit schon seit Juni abgelaufen ist.

Diese Neuwahlen wollte die Opposition aber nur akzeptieren, wenn vorher Wahlkommission und Verfassungsgericht neu besetzt würden. Da das nicht geschah, rief sie zu einem Boykott der Wählerregistrierung auf.

Als die Regierung trotzdem an den Parlamentswahlen im Dezember festhielt, rief sie zum Wahlboykott und zur Wiederaufnahme der im Februar suspendierten Massenproteste auf.

Lomé ist die Hochburg der Opposition – es ist leicht, dort auf der Straße Druck auf die Regierung auszuüben. Aber Togos Regierung ist geübt darin, solchem Druck nicht nachzugeben, und sei es um den Preis massiver Gewalt.

Bei ersten Protesten Ende November wurden nach Berichten aus der Stadt zahlreiche Kinder durch Tränengas verletzt, als das Militär einen Schulhof beschoss. Manche wurden bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert.

Weitere Proteste wurden von den Behörden wegen des „hohen Risikos schwerer Störungen der öffentlichen Ordnung“ verboten. Sie haben jetzt trotzdem stattgefunden. Und sie sollen weitergehen, sagt die Opposition – mindestens bis zum Wahltag.

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