Gewerkschafter zu Bananen aus Ecuador: „Lidl antwortet uns nicht mal“

Auch auf zertifizierten Bananenplantagen herrschen miese Arbeitsbedingungen, sagt der Gewerkschafter Jorge Acosta. Behauptungen Lidls zum Gegenteil seien Lügen.

Bananen in einer Supermarktauslage

Warum kosten weitgereiste Bananen in Deutschland weniger als europäische Äpfel? Foto: dpa

taz: Herr Acosta, wie sind die Arbeitsbedingungen auf einer normalen Bananenplantage in Ecuador?

Jorge Acosta: Die Leute schuften bis zu 14 Stunden am Tag. Manchmal werden sie gar nicht bezahlt, und wenn, dann bekommen sie einen Lohn, von dem kaum jemand leben kann. Auf den Plantagen werden Pestizide gesprüht, während der Arbeit oder während die Arbeiter essen. Einige dieser Pestizide sind in Europa verboten.

Der Discounter Lidl schreibt auf seiner Website, dass „Kunden in Deutschland durch den Kauf von Bananen bei Lidl einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern leisten“.

Das ist eine Lüge. Die Rechte der Arbeiter werden nicht re­spek­tiert.

Jorge Acosta, ehemals Pestizidpilot, leitet heute die Gewerkschaft Astac in Ecuador

Lidl behauptet: „Wir helfen Menschen, für ihre Arbeit fair entlohnt zu werden“. Kennt Lidl die Bedingungen vor Ort nicht?

Doch. Wir haben Briefe an Lidl geschrieben und vor dem Firmensitz protestiert. Ich war im Juni in Berlin und bin in ein Lidl-Geschäft gegangen. Ein Kilo konventionell angebauter Bananen aus Ecuador kostete 99 Cent, ein Kilo Äpfel 2,59. Warum sind Bananen, die mehr als 10.000 Kilometer transportiert werden, nur halb so teuer wie Äpfel aus Europa? Weil der Handel unfair ist und auf Ausbeutung fußt.

Lidl-Bananen aus Ecuador sind von dem Label Rainforest Alliance zertifiziert, das faire Arbeitsbedingungen garantiert. Bringt das Siegel nichts?

Fast gar nichts. Auf ein paar Plantagen wird während der Arbeit nun kein Gift mehr gesprüht.

Hat Rainforest einer Plantage schon mal das Gütesiegel verweigert?

In zwei Fällen. Aber das waren Ausnahmen. Rainforest steht oft auf der Seite der Unternehmer. Reybanpac, ein großer Bananenexporteur, hat eine gelbe – also unternehmerfreundliche – Gewerkschaft gegründet. Wir haben dagegen bei Rainforest protestiert – ohne Erfolg.

In Ecuador gibt es 386 Dollar Mindestlohn im Monat. Bekommen die Bananenarbeiter den?

Nein. Die Regierung unter dem ehemaligen Präsidenten Rafael Correa hatte verfügt, dass die 200.000 Arbeiter auf den Bananenplantagen nicht unter die Arbeitsgesetzgebung fallen und damit keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben.

Warum sah die Regierung das so?

Sie behauptet, die Bananenarbeiter seien Saisonarbeiter. Ecua­dor ist der größte Bananenexporteur der Welt. Die Besitzer der Bananenunternehmen sind in Ecuador extrem mächtig und einflussreich.

Das klingt wie ein Klischee.

Aber es ist so. Der Arbeitsminister ist der Sohn des Geschäftsführers des Verbandes der Bananenexporteure. Er macht, was die Bananenlobby will. Dabei hat schon 2010 eine UN-Beauftragte bestätigt, dass auf den Plantagen sklavereiähnliche Zustände herrschen. 2012 hat die ecuadorianische Menschenrechtsbeauftragte Verletzungen der Menschenrechte auf den Plantagen bemängelt. Aber die Regierung stellt sich taub. Dafür haben uns Minister als Vaterlandsverräter beschimpft, die den Export ruinieren wollten. Nur weil wir eine Gewerkschaft, die Astac, gegründet haben. Die Regierung erkennt uns nicht an. Erstaunlich für eine linke Regierung. In meinen Adern fließt rotes Blut. Und mein Herz schlägt links. Wir haben hier keine linke Regierung. Sie haben per Telefon eine Drohung erhalten. „Du weißt, was wir mit Fröschen machen“.

Ängstigt Sie das?

Das zeigt, dass die Bananenunternehmen unsere Kritik nicht widerlegen können. Es bleibt ihnen nichts anders übrig, als zu drohen.

Ist das nur eine Drohung?

Ich weiß es nicht. Die Auseinandersetzungen in Ecuador sind nicht so gewalttätig wie in Kolumbien, wo Gewerkschafter ermordet wurden. Die Astac ist in Ecuador die erste Gewerkschaft der Bananenarbeiter. Insofern ist es schwierig, zu prognostizieren, wie gewalttätig der Kampf ausgetragen wird.

Lidl hat nach der Kritik 2017 versprochen, sich an einem runden Tisch zu den Arbeitsbedingungen zu beteiligen. Ist seitdem etwas passiert?

Nein. Immer wenn es Kritik gibt, tun Lidl und Rainforest sehr besorgt. Danach passiert nichts mehr. Sie wollen nur die Öffentlichkeit beruhigen. Runder Tisch? Lidl hat noch nicht mal unsere Briefe beantwortet.

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