Gift durch Kohlekraftwerke: Nur ein bisschen tödlich

Rot-Grün relativiert Studienergebnisse zur Schädlichkeit der drei Bremer Kohlemeiler. Und sieht keine Möglichkeit, deren Laufzeit zu begrenzen.

Soll bis 2015 laufen: das Kohlekraftwerk in Bremen-Hastedt Bild: swb

Die Schadstoffe der drei Bremer Kohlekraftwerke sind für 39 Todesfälle im Jahr verantwortlich, für 418 verlorene Lebensjahre und für 8.234 verlorene Arbeitstage. Das jedenfalls sagt Greenpeace, unter Berufung auf eine Studie der Uni Stuttgart, die 67 deutsche Kohlekraftwerke untersucht hat. Der rot-grüne Senat sagt hingegen: Die „konkreten Gesundheitsfolgen“ der Bremer Kohlemeiler für die Bevölkerung könnten quantitativ nicht abgeschätzt werden. Und überhaupt gebe es bei der unter dem Titel „Tod aus dem Schlot“ debattierten Studie ja auch allerlei „methodische Unwägbarkeiten“.

Die drei Bremer Kohlekraftwerke haben laut Senat 2012 zusammen genommen folgende Schadstoffmengen emittiert:

Schwefeldioxid: 2.036 Tonnen

Stickoxid: 3.274 Tonnen

Quecksilber: 310 Kilo

Blei: 101,8 Kilo

Arsen: 98 Kilo

Cadmium: 2,11 Kilo

Die meisten Schadstoffe kommen aus dem Kraftwerk im Hafen.

„Panikmache“ sei nicht angezeigt, sagte gestern der grüne Umweltsenator Joachim Lohse bei einer Parlamentsdebatte. Und dass die Kohlekraftwerke in Bremen nur „zu einem kleinen Teil“ an der Schadstoffbelastung der Luft schuld seien. Weil der Verkehr in der Stadt, das sagten PolitikerInnen von Rot-Grün gestern immer wieder, im Vergleich dazu viel schlimmer sei. Aber während die EU derzeit über eine Verschärfung der Grenzwerte für Feinstaub nachdenkt, ist Lohse da zurückhaltender: Eine Ausweitung der Umweltzone, wie die Linkspartei sie fordert, oder Fahrverbote für Abgasschleudern sind für ihn momentan tabu. Das ist ihm wohl zu heikel.

Die Grünen im Parlament wiederum würden gerne die Laufzeit der Kohlemeiler begrenzen. „Doch dazu haben wir keine Handhabe“, sagte die Klimapolitikerin Anne Schierenbeck. Gesetzlich gebe es „keine Möglichkeit“, Genehmigungen zu versagen, wenn alle rechtlichen Mindestanforderungen erfüllt seien, schrieb der Senat auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion. Auch eine Befristung der Laufzeiten sei im Gesetz „nicht vorgesehen“. Das heißt: Die Entscheidung, wie lange ein Kohlekraftwerk läuft, liegt allein bei den Betreibern. Sie hängt damit rein von der wirtschaftlichen Rentabilität solcher Meiler ab.

Zwar wird das Kraftwerk im Hafen, das besonders viel Schadstoffe emittiert, heruntergefahren – es soll aber in den kommenden Jahren „grundsätzlich einsatzfähig“ bleiben. Und das Kohlekraftwerk in Hastedt soll mindestens bis 2025 laufen, jenes in Farge bis 2024 – in beide Meiler haben die Betreiber jüngst noch investiert.

Es sei „unbestritten“, dass Kohlekraftwerke krank machten, sagte die grüne Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther, auch wenn die Kritik an der Methodik der Greenpeace-Studie „berechtigt sein mag“. Doch als Konsequenz aus deren Ergebnissen fiel ihr vor allem der Hinweis ein, man möge doch mehr Rad fahren. Lohse will immerhin die Kohlekraftwerke „so schnell wie möglich ablösen“, was immer das genau heißen mag.

Dazu passt der jüngste Hinweis, dass die Klimabilanz der Bremer Wirtschaft heute schlechter ausfällt als noch 1990. Und der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß des verarbeitenden Gewerbes ist von 2010 bis 2011 deutlich angestiegen. Zur Erinnerung: Das Land Bremen will den Ausstoß klimaschädlicher Abgase bis 2020 um 40 Prozent senken.

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