Gleichberechtigung in Russland: Schön unterirdisch

Seit Anfang des Jahres dürfen auch Frauen Züge der Moskauer Metro lenken. Eine Änderung des Arbeitsrechts macht das möglich.

Eine Fahrerin ist in der Kabine eines Metro-Zuges in Moskau

Seit Jahresbeginn dürfen in Moskau auch Frauen U-Bahn-Züge steuern Foto: Vyacheslav Prokofyev/imago

BERLIN taz | Russland fördert die Gleichberechtigung von Frauen nicht? Von wegen! Seit dem 1. Januar 2021 darf in der Hauptstadt Moskau auch auch das weibliche Geschlecht U-Bahn-Züge steuern. Das berichtet die Nachrichtenagentur Moskau.

Nach Angaben des für Transportwesen zuständigen Vize-Bürgermeisters Maksim Liksutow seien 25 Frauen seit dem vergangenen Februar ausgebildet und 12 von ihnen zum 1. Januar eingestellt worden. Er sei davon überzeugt, dass sich die Anzahl der Metro-Chauffeurinnen, die ihre Uniformjacke wahlweise mit einer Hose oder einem Rock kombinieren können, weiter erhöhen werde. Bewerbungen lägen bereits vor. „Jetzt wünsche ich Ihnen Erfolg, Sicherheit und viel Vergnügen bei der Arbeit, Sie tragen eine große Verantwortung“, sagte der Vize bei einer feierlichen Zeremonie.

Frauen hatten bereits seit 1936 bei der Moskauer Metro als Maschinistinnen gearbeitet. Anfang der 80er Jahre wurde die Einstellung neuer Mitarbeiterinnen jedoch untersagt. Offiziell begründet wurde das damit, dass bestimmte Tätigkeiten zu schwer und der Gesundheit von Frauen bzw. Ihrer Reproduktionsfähigkeit abträglich seien.

In einem entsprechenden Register, das bis Ende vergangenen Jahres galt, waren 456 reine Männerberufe aufgeführt. Diese Anzahl hat das Arbeitsministerum jetzt auf 100 Posten reduziert, da sich die Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen angeblich erheblich verbessert haben sollen. Künftig dürfen Frauen beispielweise auch als Schlosserinnen, als LKW-Fahrerinnen und auf dem Bau schaffen oder als Bootsfrauen und Matrosinnen auf Schiffen anheuern.

Privileg erstritten

Letzteres „Privileg“ hatte sich bereits vor Jahren eine Frau erstritten. Die Dame, die Mitglied der russischen Matros*innengewerkschaft ist, war mit ihrem Anliegen erfolgreich vor das UN-Komitee zur Abschaffung der Diskriminierung von Frauen gezogen und hatte gegen die russische Regierung gewonnen.

Bei bestimmten Tätigkeiten hätte der Arbeitgeber bezüglich einer Überprüfung der Arbeitsbedingungen auch schon früher aktiv werden können, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Matros*innengewerkschaft Igor Kowaltschuk dem Nachrichtenportal kommersant.ru. Aber es sei offensichtlich rentabler gewesen, nur Männer einzustellen.

Laut Marina Moskwina, Direktorin für Fragen des Arbeitsmarktes und der Sozialpartnerschaft beim russischen Industriellen und Unternehmerverband, würde viele Frauen trotz der Änderung des Arbeitsrechts, wohl kaum in Massen in die neuen Berufszweige drängen. Angaben des föderalen Dienstes für Arbeit und Beschäftigung Rostrud zufolge liegt die Anzahl sogenannter gefährlicher Arbeitsplätze zwischen 300.000 und 2,2 Millionen.

Doch diese Beschreibung trifft auf die unterirdischen Jobs bei der Moskauer Metro offensichtlich nicht mehr zu. Um bereits schon beim potenziellen Nachwuchs Interesse zu wecken, ist seit wenigen Tages ein neues Modell der beliebten Barbie-Puppe unter dem Namen „Barbie, Maschinistin beim Elektrozug“ auf dem Markt. Sie trägt einen Rock und wirbt in einem Videospot mit so sinnigen Aussprüchen wie: „Du kannst alles werden, was du willst!“

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