Glücksökonomie auf dem taz.lab: Glückswirtschaft ist machbar

Zufriedenheit wird nicht unbedingt durch ökonomisches Wachstum gesteigert. Immer mehr Menschen wirtschaften deshalb anders.

Perfekte Möhren machen nicht glücklich. Selber pflanzen und ernten schon Bild: Culinary Misfits, Santiago Engelhardt

Als Barack Obama eine transatlantische Freihandelszone ankündigte, war die deutsche Regierung begeistert: ein wichtiger Wachstumsimpuls, Millionen neue Jobs, steigender Wohlstand ... Doch wird es auch das Glück der Bevölkerung mehren, wenn der Güterverkehr weiter anschwillt und sich der Druck auf die Betriebe verschärft, immer billiger liefern zu müssen?

Die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts gilt gegenwärtig als der wichtigste Gradmesser für erfolgreiche Politik. Doch obwohl die Weltwirtschaft in den vergangenen 30 Jahren um 230 Prozent gewachsen ist, hat die subjektive Lebenszufriedenheit der Menschen um kaum mehr als ein Promille zugelegt. Das belegen Studien der internationalen Glücksforschung. Nur in armen Ländern hat eine Verbesserung der materiellen Situation eine deutlich positive Wirkung auf das Wohlbefinden. Sobald das Einkommen aber die Grundbedürfnisse sichert, knickt diese Kurve ab.

Entscheidender für Zufriedenheit sind andere Faktoren: Wo Menschen mitbestimmen können, wo die Natur noch halbwegs intakt ist, es geschlechtergerecht zugeht und die Einkommensunterschiede verhältnismäßig gering sind, da lebts sich am besten. Deshalb erreichen skandinavische Länder, aber auch Costa Rica und die Karibik relativ hohe Werte.

Dinge des Alltags verantworten

Unabhängig und weitgehend unbeachtet von der Politik haben sich vielerorts glückssuchende Menschen auf den Weg gemacht. Sie wollen nicht länger abhängig sein von undurchschaubaren Strukturen, die Pferdefleisch auf Tellern platzieren und den Klimawandel mit unwirksamen Konferenzen zu bekämpfen versuchen. Vielmehr möchten sie die Dinge ihres Alltags wieder verantworten können und nicht auf Kosten der Umwelt und unmenschlich behandelter Akkordarbeiterinnen in Bangladesch leben.

Überall in Deutschland, aber auch in vielen anderen Weltgegenden, sprießen Initiativen, die kleinteilig und regional angepasst wirtschaften. Ganze Dörfer veranstalten Stromsparwettbewerbe oder organisieren zusammen ihre Wärmeversorgung, und beim Thema Erneuerbare Energien boomten in jüngster Zeit Genossenschaften. Auch Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften liegen im Trend: Da wissen die Konsumenten, wie das Huhn gelebt hat, die Produzierenden haben Absatzmöglichkeiten jenseits von Ladenketten, bei denen der Preisdruck die Betriebe zu immer mehr Größe zwingt.

Vielerorts entstehen auch sogenannte Tante-Emma-Läden, die ökonomisch tragfähig sind, weil die Beteiligten kreativ werden. Die Projekte machen Spaß, weil die Beteiligten sie selbst gestalten - etwa wenn pendelnde GenossInnen Lieferungen auf ihrem Nachhauseweg mitnehmen.

Natürlich handelt es sich bei alledem um keine Massenbewegung. Die Beispiele zeigen aber, dass anderes Wirtschaften nicht nur möglich, sondern auch attraktiv ist. Technische Neuerungen verschaffen außerdem Rückenwind. Erneuerbare Energien sind dezentral - Großanlagen haben keinen strukturellen Vorteil.

Mit der Gestaltung des Netzausbaus steht hier ein politischer Machtkampf an. Von Vorteil für gemeinschaftliches Wirtschaften sind aber auch digitale Technik und Internet: Teilen ist möglich, ohne dabei selbst etwas zu verlieren. Und was einmal als open source im Internet steht, ist nicht mehr zu kommerzialisieren. Es gehört somit allen - eine gute Voraussetzung für gemeinschaftliches und beglückendes Wirtschaften.

Annette Jensen und Ute Scheub stellen auf dem taz.lab Initiativen der Glücksökonomie vor

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