Glückspiel in der Krise: Zu wenig Gäste im Casino

Die Bruttospielerträge der Bremer Spielbank sind in den letzten zehn Jahren dramatisch gesunken. Betreiber und Senat verhandeln nun über die Zukunft des Casinos.

Roulette hat ausgedient - zumindest außerhalb des Internets. Bild: dpa

Nichts geht mehr – zumindest für die Stiftung „Wohnliche Stadt“. Sie bekommt, die taz berichtete gestern, aus dem Landeshaushalt rund 750.000 Euro als Ausgleich für fehlende Zuschüsse durch die Bremer Spielbanken. Damit ist die Zukunft der Stiftung aber keineswegs gesichert: über weitere 70 Projekte für insgesamt 2,4 Millionen Euro sind zwar geplant, aber niemand weiß, woher das Geld kommen soll. Bremen hat keins – und die Spielbank schon gar nicht; ihre Erträge sinken kontinuierlich. Jetzt verhandelt der Casino-Betreiber mit dem Senat über seine weitere Zukunft in Bremen.

Seit über 30 Jahren finanziert die Stiftung „Wohnliche Stadt“ ihre Projekte durch die sogenannte Spielbankabgabe: Seit das Bremer Casino die staatliche Lizenz hat, muss es Abgaben an die Stiftung zahlen, die für Spielplätze, Kunst, Radwege oder Grünflächen verwendet werden. Das „Sozialkonzept“ ist Bestandteil der Spielbank-Konzession, die noch bis zum Jahr 2022 läuft.

Allerdings sinken die Casino-Einnahmen und damit auch die -abgaben seit über zehn Jahren dramatisch: Hat der Casino-Betreiber „West-Spiel“ im Jahr 2002 in Bremen noch einen Bruttospielertrag von 25,2 Millionen Euro eingenommen, waren es 2013 nur noch 9,1 Millionen. Ende 2012, als das Jahr mit einem Ertrag von immerhin noch zehn Millionen Euro zu Ende ging, senkte die Bürgerschaft bereits die Steuern für die Spielbank, um ihre Insolvenz abzuwenden.

„Die wirtschaftliche Lage der Spielbanken ist generell nicht rosig“, sagt dazu West-Spiel-Sprecher Ulrich Herzog. Das liege „vor allem an der Konkurrenz durch Online-Spiele und Spielhallen, die nicht so hohen staatlichen Auflagen unterworfen sind wie wir.“. In Warnemünde und Schwerin hätten die Casinos bereits dichtgemacht, Schleswig-Holstein böte seine Banken momentan zum Verkauf an. Ob die West-Spiel bis zum Ende der Konzession in Bremen bleiben wird, mag Herzog nicht beantworten: „Gespräche zwischen Spielbank und dem Senat laufen.“

In denen wird es wohl um weitere Senkungen der Abgaben gehen, „aber man muss sich fragen, wie weit wir überhaupt noch runtergehen können“, sagt Dagmar Bleiker, Sprecherin der Finanzsenatorin. Immerhin müssten 20 Bremer FinanzbeamtInnen davon bezahlt werden, die pro Jahr 1, 2 Millionen Euro kosten – und eben die Abgabe an die Stiftung, die Anfang 2013 noch mit rund einer Million Euro pro Jahr veranschlagt war. „Draufzahlen wollen wir auf keinen Fall“, sagt Bleiker.

Jetzt sei der Spielbankbetreiber am Zug, heißt es dazu beim Senat. Bürgermeister Jens Böhrnsen äußerte als Vorsitzender des Stiftungsrats „Wohnliche Stadt“, man müsse sich auch die Frage stellen, ob es nicht auch andere Konzessionäre gebe.

Bloß: welche? West-Spiel ist der größte Casino-Betreiber Deutschlands – jedes kleinere Unternehmen würde sich wohl hüten, in eine Branche einzusteigen, die bundesweit vom Aussterben bedroht ist. Einzig die Betreiber von Automaten-Spielhallen verdienen viel Geld und spülen über die Vergnügungssteuer auch eine Menge davon in die Landeskasse – allerdings stammt das zum größten Teil von spielsüchtigen Menschen.

Deshalb kämen diese Betreiber als Konzessionäre nicht in Frage, denn in einer öffentlichen Spielbank soll Spielerschutz und Spielsucht-Prävention an erster Stelle stehen. Darüber hinaus vergibt Bremen die Konzession nur an „juristische Personen des öffentlichen Rechts“ – und zu denen zählen Daddelhallen-Betreiber nicht.

Eine Entscheidung über die Zukunft des Bremer Casinos ist noch nicht gefallen, aber alles deutet darauf hin, dass die Ära des staatlichen Glücksspiels an der Schlachte vor dem Aus steht – und mit ihr möglicherweise auch die Stiftung „Wohnliche Stadt“.

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