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Golfstaaten-Treffen in KatarIsrael schießt sich ins Abseits

Mirco Keilberth
Kommentar von Mirco Keilberth

Der Angriff auf führende Hamas-Funktionäre löste Alarm in der gesamten Golfregion aus. Die Sorge vor weiteren israelischen Angriffen ist groß.

Nach Israels Attacke auf das Hamas-Hauptquartier in Katar kommen Delegierte aus den Golfstaaten in Doha zu einem Sondergipfel Foto: Jon Gambrell/AP/dpa

W enige Tage nach dem israelischen Angriff auf die im Exil lebende Führung der Hamas in Katar treffen sich Delegationen aus arabischen muslimischen Staaten, um eine Resolution gegen einen weiteren Fall von israelischem Staatsterrorismus auszuarbeiten. Der von Regierungschef Benjamin Netanjahu befohlene Angriff hat einen dramatischen Paradigmenwechsel in der Region ausgelöst.

Der kaltblütige Mordversuch an der Verhandlungsdelegation der Hamas in Doha hat Verbündete dazu veranlasst, auf Abstand zu den Abraham Accords zu gehen. So auch die Vereinigten Arabischen Emirate, die das Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen vor fünf Jahren unterzeichneten. Die Delegationen in Doha zielen auf eine regionale kollektive Antwort. Denn der Angriff in Katar zeigt, dass kein Land in der Region sicher ist vor einem Angriff aus Israel.

Längst geht es nicht mehr nur um die systematisch von Israel vorangetriebene ethnische Säuberung im Gazastreifen, sondern um die eigene Sicherheit. Netanjahu ist die Schaffung eines Großisraels und eine Dominanz über die Nachbarstaaten wichtiger als re­gio­nale Kooperation. Auch die noch immer in den Händen der Islamisten befindlichen Geiseln scheinen dem is­rae­li­schen Regierungschef vollkommen egal zu sein.

Europa macht sich am völkerrechtswidrigen Vorgehen der israelischen Armee durch die eigene Tatenlosigkeit mitschuldig. Stattdessen ist zielführendes kollektives Handeln westlicher und arabischer Staaten nötig gegen die Schaffung eines Großisraels. Nach der UN-Vollversammlung wird eine noch deutlichere Mehrheit der Mitgliedstaaten Palästina anerkennen.

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Der Israel-Palästina-Konflikt wird vor allem in linken Kreisen kontrovers diskutiert. Auch in der taz existieren dazu teils grundverschiedene Positionen. In diesem Schwerpunkt finden Sie alle Kommentare und Debattenbeiträge zum Thema „Nahost“.

Sollte der Westen dann immer noch auf die Abraham Accords, die Normalisierung der Beziehungen weiterer arabischer Staaten zu Israel setzen, macht er sich zum Gespött der Weltgemeinschaft. Spätestens seit dem Angriff in Katar sollte kein Zweifel mehr bestehen: Netanjahu pfeift auf internationale Abkommen.

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Mirco Keilberth
Auslandskorrespondent Tunis
Mirco Keilberth berichtet seit 2011 von den Umstürzen und den folgenden Übergangsprozessen in Nordafrika. Bis 2014 bereiste er von Tripolis aus Libyen. Zur Zeit lebt er in Tunis. Für den Arte Film "Flucht nach Europa" wurde er zusammen mit Kollegen für den Grimme Preis nominiert. Neben seiner journalistischen Arbeit organisiert der Kulturwissenschaftler aus Hamburg Fotoausstellungen zu dem Thema Migration. Im Rahmen von Konzerten und Diskussionsveranstaltungen vernetzt seine Initiative "Breaking the Ice" Künstler aus der Region, zuletzt in Kooperation mit der Boell-Stiftung im Rahmen des Black Box Libya Projektes.
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