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Golfstaaten-Treffen in KatarKein Vertrauen mehr in die USA

US-Außenminister Rubio versucht in Doha, die Verbundenheit der USA zu Katar zu betonen. Doch hinter den Kulissen brodelt es.

Marco Rubio (links) trifft Katars Emir Scheich Tamim am Dienstag, den 16. September 2025, im Amiri Diwan in Doha, Katar Foto: Nathan Howard/ap

Tunis taz | US-Außenminister Marco Rubio bemühte sich, am Dienstag bei seinem Besuch in Doha gelassene Normalität auszustrahlen. Mit einem freundlichen Lächeln und einem festen Händedruck signalisierte er Emir Scheich Tamim und Premierminister Mohammed al Thani die enge Verbundenheit der USA zu Katar. Beide verbargen ihren Groll, doch wer genau in die Gesichter der Gastgeberdelegation schaute, konnte sehen, was die Länder des Nahen Ostens seit der vergangenen Woche über die Partnerschaft mit Washington und dem Westen denken.

Das kleine Golfemirat hat sich in den vergangenen Jahren als Meister der Krisendiplomatie etabliert. Doch beim jüngsten Solidaritätstreffen arabischer und muslimischer Staaten sprach al Thani mit ungewohnter Schärfe über die israelische Regierung. Rubio betonte, Katar solle weiterhin im Gaza-Konflikt vermitteln, und lobte die gemeinsame Sicherheitspartnerschaft: „Unser gemeinsames Engagement macht die Region sicherer.“ Doch das Augenrollen der katarischen Medienvertreter zeigte, wie wenig Vertrauen die 300.000 Kataris noch in solche Versprechen setzen.

Es ist gerade einmal eine Woche her, als ein Anruf aus Washington die katarische Führung vor dem israelischen Angriff auf die seit 2016 in Katar im Exil lebende Hamas-Führung warnte. Doch die Nachricht kam zu spät – die ersten Bomben waren bereits gefallen. Ein früher Hinweis des türkischen Geheimdienstes hatte das Leben der Hamas-Führung gerettet, die gerade über den von US-Vermittler Steve Witkoff vorgelegten Waffenstillstand diskutierte. Der Sohn eines Hamas-Anführers und vier Funktionäre starben jedoch, zudem auch ein katarischer Sicherheitsbeamter.

Für Katar war der israelische Überraschungsangriff nicht nur ein Mordversuch an Staatsgästen, sondern auch eine Bedrohung seines Geschäftsmodells. Das Emirat hat sich als Vermittler zwischen Israel und der Hamas, im israelisch-iranischen Waffenstillstand und sogar in den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine etabliert. Sicherheit und Stabilität locken Investoren und Unternehmen aus aller Welt.

Erst kürzlich schloss Katar Abkommen mit den USA

Doch die jüngsten Angriffe – iranische Raketen auf die US-Luftwaffenbasis im Juni und israelische Bomben auf ein Wohngebiet nahe dem Parlament – seien eine Gefahr für die Zukunftspläne aller Golfstaaten, warnt ein katarischer Diplomat gegenüber taz. Kommentatoren auf Al Jazeera fordern bereits, neue Sicherheitspartnerschaften zu suchen.

Während Donald Trumps Besuch in den Golfstaaten hatte Scheich Tamim noch mehrere Sicherheitsabkommen mit den USA geschlossen. Katar Airways bestellte 160 Boeing-Maschinen, und Katar sollte ultramoderne MQ-9B-Drohnen erhalten – im Gegenzug zu Investitionen in den USA in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar. Auch dieser Deal wird in Katar nun hinterfragt. Angesichts der israelischen ethnischen Säuberungen des Gaza-Streifens wurde hinter den Kulissen des Treffens arabischer und muslimischer Staaten in Doha über die Gründung eines arabischen Militärbündnisses diskutiert – ohne die USA.

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