Gomez tritt aus Nationalelf zurück: Das schwäbische Stehaufmännchen

Mario Gomez verkündete am Sonntag seinen Rücktritt aus der DFB-Elf. Seine Karriere beim DFB war geprägt von zahlreichen Aufs und Abs.

Mario Gomez ballt die Fäuste und jubelt

Mario Gomez blickt auf eine durchaus schwierige Karriere in der DFB-Elf zurück Foto: ap

BERLIN taz | Es ist der 16. Juni 2008. Deutschland bangt im letzten Vorrundenspiel gegen Österreich um den Einzug ins Viertelfinale der Europameisterschaft. In der 6. Minute steht Mario Gomez alleine zwei Meter vor dem gegnerischen Tor und … trifft nicht. Diese Szene ist nach Ansicht vieler Fans und auch Experten symptomatisch für Gomez' Leistungen in der Nationalelf. An jenem Abend wurde aus Mario, dem Mittelstürmer des überraschenden Vorjahresmeisters VfB Stuttgart, Gurken-Gomez, der Chancentod. Nach dieser Slapstick-Einlage zweifelten viele an seiner Berechtigung, weiter für die DFB-Elf zu spielen. Nun ist Gomez mit 33 Jahren aus der deutschen Nationalmannschaft zurückgetreten.

Gomez musste so einige Rückschläge in seiner Karriere hinnehmen. Er stand meist im Schatten anderer Stürmer wie Miroslav Klose, Lukas Podolski oder Timo Werner – und war als Spieler bei Fans der Nationalmannschaft zuweilen ungewollt. Dabei glänzte er mit Leistungen im Verein, zunächst bei Stuttgart, später bei den Bayern, die zu deutschen Meisterschaften und sogar zum Champions-League-Titel führten und ihn dafür prädestinierten, in der Nationalmannschaft Verantwortung zu übernehmen.

Doch in den entscheidenden Spielen des DFB lieferte Gomez zu selten ab, schoss bei 20 EM- und WM-Auftritten lediglich 5 Tore. Gerade nach seiner vergebenen Chance in besagtem EM-Spiel haderte er mit der öffentlichen Kritik. In einem Interview mit dem Tagesspiegel sagte er 2016: „Die Erwartungen waren riesig. Dann dieser Fehlschuss. […] Das war schwer zu verarbeiten für mich damals mit Anfang 20.“

Bei Fans der Nationalmannschaft ein zuweilen ungewollter Spieler

Nachdem Gomez in der Saison des Münchner Champions-League-Sieges 2012/13 durch die Verpflichtungen Claudio Pizarros und Mario Mandzukics zu weniger Einsätzen für die Bayern gekommen war, zog es ihn nach Italien zum AC Florenz. Dort konnte er in zwei Spielzeiten verletzungsbedingt nie Fuß fassen und verpasste dadurch letztlich auch den Sprung in den WM-Kader 2014. Dass Deutschland mit Mario Götze und Miroslav Klose als einzigen „Stürmern“ den Weltmeisterschaftstitel gewann, bestätigte viele Kritiker in ihrer Annahme, die DFB-Elf sei stärker ohne Gomez und brauche diesen nun definitiv nicht mehr. Seine Karriere in der Nationalmannschaft schien damit beendet.

Comeback bei der EM 2016

Doch Gomez kam zurück. Nach seiner Leidenszeit in Florenz wechselte er 2015 zu Besiktas Istanbul. Er schoss seine Mannschaft mit 26 Toren in 33 Ligaeinsätzen quasi im Alleingang zur türkischen Meisterschaft und sich selbst zur Teilnahme an der EM 2016. Dort kam er vom zweiten Spieltag bis zum Viertelfinale in jeder Partie zum Einsatz. Und als er verletzungsbedingt das Halbfinale gegen Frankreich verpasste, verlor Deutschland prompt mit 0:2. Dem Spiel von Jogi Löws Team fehlte ein echter Mittelstürmer. An diesem Punkt, so schien es, vermisste die Öffentlichkeit Mario Gomez zum ersten Mal auf dem Feld. Wenn auch zum letzten Mal.

Denn obwohl Gomez 2018 nach seiner Rückkehr zum VfB Stuttgart eine erfolgreiche Rückrunde mit acht Toren spielte, so sahen viele Experten und Fans eher den robusteren, wenn auch charakterlich schwierigeren Sandro Wagner als Joker hinter Stürmer Timo Werner im DFB-Kader für die Weltmeisterschaft in Russland. Auch Spieler wie Mark Uth, Kevin Volland oder Nils Petersen bewegten sich auf einem ähnlichen Niveau wie Gomez. Löw entschied sich jedoch erneut für sein schwäbisches Stehaufmännchen. Das Ergebnis ist bekannt: Deutschland schied schon in der Vorrunde aus dem Turnier aus. Und Gomez gelang in den 88. Minuten, die er auf dem Feld stand, kein einziger Treffer.

Gestern beendete Gomez einen Monat nach dem Aus bei der WM seine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft, die für ihn, wie er selbst sagt „sportlich nicht immer einfach, nicht immer erfolgreich und doch wunderschön“ war. Dies war letztendlich ein richtiger Entschluss. Denn so bestimmten weder Bundestrainer Joachim Löw noch die kritische Öffentlichkeit über Gomez' Abschied, sondern nur er selbst. Und wer weiß, ob nicht in zwei Jahren Not am Mann ist und er für die Europameisterschaft doch zurückkehrt. Gomez schreibt in seinem Rücktritts-Posting, er würde in diesem Fall „dann selbstverständlich bereitstehen“. Erfahrungen in Sachen Comebacks hat er ja bereits.

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