Google Glass wird nicht mehr verkauft: Zurück ins Labor

Die Computerbrille Google Glass ist seit 2012 nie über den Status eines umstrittenen Pilotprojekts hinausgekommen. Jetzt wird die erste Version nicht mehr verbreitet.

Unter neuer Aufsicht: Google Glass. Bild: dpa

MOUNTAIN VIEW/BERLIN dpa/taz | Google versucht einen Neuanfang bei der Datenbrille Glass. Der Verkauf der ersten Version an Verbraucher werde eingestellt, die Brille sei nur noch bis Montag im Handel erhältlich. Der Netzkonzern ließ offen, ob und wann das Produkt erneut verfügbar sein wird. Zugleich solle die Weiterentwicklung in einem eigenständigen Bereich aber fortgeführt werden, erklärte das Unternehmen am Donnerstag.

Die Aufsicht solle der frühere Apple-Manager Tony Fadell bekommen, der sich damit noch stärker zum Hardware-Chef des Internetkonzerns entwickelt. Google hatte Glass – die Computerbrille mit Kamera, Internet-Anschluss und einem kleinen Bildschirm über dem rechten Auge – im Frühjahr 2012 medienwirksam vorgestellt.

In der Öffentlichkeit stieß Google Glass vor allem aus Sorge um die Privatsphäre auf viel Ablehnung. Besonders viel Kritik kam aus Europa. Es wurde befürchtet, dass Träger der Brille alles aufzeichnen, was in ihrer Umgebung vor sich geht und dass dann auch der Konzern Google über diese Daten verfüge. Nutzer einer Google Glass bezogen aber auch in San Francisco Prügel. Bars und Cafés verboten das Tragen der Brille in ihren Räumen.

Zudem kämpfte die erste Version sogar nach einer Modifizierung mit kurzen Batterielaufzeiten und wurde im Betrieb zu warm. Testberichte auf IT- und Technologie-Portalen fielen überwiegend negativ aus.

Das Projekt war bisher beim Forschungslabor Google X angesiedelt, das viel Aufmerksamkeit von Mitgründer Sergey Brin bekommt. Er hatte die Brille auf der Entwicklermesse Google I/O im Juni 2012 vorgestellt und galt auch als eine zentrale treibende Kraft hinter Glass. Zuletzt zeichnete sich jedoch ab, dass das Interesse von Software-Entwicklern, Programme für die Datenbrille zu entwickeln, mit dem ausbleibenden breiten Marktstart nachließ.

Werkzeug für spezialisierte Aufgaben am Arbeitsplatz

Im Zuge des nun auslaufenden „Explorer“-Programms haben schätzungsweise einige zehntausend Testnutzer vor allem in den USA die Brille für rund 1.500 Dollar (1.280 Euro) gekauft. Die Kooperationen mit Unternehmen und Software-Entwicklern sollen weitergehen, hieß es. Google vermarktete Glass zuletzt stärker als Werkzeug für spezialisierte Aufgaben am Arbeitsplatz, in Deutschland laufen Projekte zum Beispiel in der Autobranche.

Darüber hinaus wurden am Donnerstag zunächst keine konkreten Pläne zur Zukunft von Glass bekannt. Für dieses Jahr wird mit einer neuen Version gerechnet – Ankündigungen dazu gab es aber bisher nicht. Man werde zukünftige Varianten zu sehen bekommen, „wenn sie fertig sind“, hieß es in einem Eintrag beim Online-Netzwerk Google Plus.

Fadell, der bei Apple unter anderem maßgeblich an der Entwicklung der iPod-Player beteiligt war, kam zu Google vor einem Jahr mit dem Kauf des von ihm mitgegründeten Herstellers vernetzter Thermostate Nest für über drei Milliarden Dollar. Nest entwickelt sich mit Kooperationen und Übernahmen zum Mittelpunkt der Google-Pläne zur Vernetzung von Alltags-Technik. Die bisherige Glass-Projektleiterin Ivy Ross solle die operative Führung der Sparte behalten, werde aber Fadell unterstehen, hieß es.

Möglicherweise ist es eine Abkehr von der bisherigen Vorgehensweise, Testnutzern ein noch weitgehend unfertiges Produkt in die Hand zu geben, statt es erst intern zur Marktreife zu führen. Die ersten Versuche mit Glass hätten gezeigt, was für Verbraucher und Unternehmen wichtig sei, sagte Fadell dem Technologie-Blog The Verge.

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