Google entwickelt Talking Shoe: Mir ist langweilig, beweg dich!

„Smart“ Accessoires gehören zu unseren Outfits wie Anchovis in die Konservendose. Aber wer hat sich einmal Gedanken über ihre Gefühle gemacht?

Labertasche Google Shoe. Tabelle: Youtube

Sie sind hip, sie sind cool, sie sind intelligent - „smart“ Accessoires gehören zu unseren Outfits wie Anchovis in die Konservendose. Sie begleiten uns überall hin, horchen brav ohne Widerrede. Sie sind die Diener, die man nie hatte. Aber wer hat sich einmal Gedanken über die Gefühle dieser Geräte gemacht? Wer hat sein Smartphone je in die Hosentasche gesteckt und gedacht, „hat es keine Angst vor der Dunkelheit?“. Oder die Smartwatch zum Joggen abgezogen? Wer badet schon gerne im Schweiß anderer Leute?

Google auf jeden Fall nicht. Es zeigt den zarten, zierlichen, gefühlvollen Seelen der Geräte die kalte Schulter: Auch der Schuh-Fetischist soll sein Recht bekommen und seine Füsse mit einem Hightech-Accessoire schmücken können. Der „Talking Shoe“ sieht aus wie ein herkömmlicher Sportschuh, ist aber mit zahlreichen Sensoren ausgestattet, die Daten sammeln, die sich dann auf einen Computer oder ein Smartphone übertragen und auswerten lassen. Das Perfide am Ganzen: Der Schuh soll seinen Träger loben und ihm Feedback geben.

Genügt es nicht, dass ein Schuh sich mit schweißtriefenden und muffigen Füßen, mit Zehennägeln so lang wie der Amazonas und Socken so abgewetzt und löchrig wie Großmutters altes Hochzeitskleid, auseinander setzen muss? Leidet er nicht bereits genügend in seiner Laufzeit? Und darf er nicht auch einmal seinen eigenen Weg gehen? Nein, der Schuh muss da durch. Er soll loben und zur Bewegung animieren. So masochistisch es auch ist, er soll des Trägers bester Freund und Personal Coach werden. Lassen wir doch den Schuh mal sprechen:

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Um aber die wahren Gefühle des Schuhes zu erkennen, muss zwischen den Zeilen gelesen werden. Sagt der Schuh: „This is super boring“, drückt er damit aus, er wäre lieber auf einer grünen Wiese, um die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings zu genießen. „Here we go!“, als würde sich jemand freuen, wenn auf ihm herumgetrampelt und er nass geschwitzt wird. „You made me a very proud shoe. Wait till I tell my friends about this!“. Ein Flehen, das wohl nicht zu überhören war. Der Schuh ist froh, dass seinem Träger die Puste ausgegangen und Feierabend ist. Er wird in seiner Selbsthilfegruppe für unterdrückte Smart-Accessoires darüber berichten.

Wie soll das nur weitergehen? Als nächstes werden sprechende Boxershorts entwickelt, die Männern zuflüstern: „Sie haben einen Champ in der Hose“. Frauen bekommen Strumpfhosen, die die Länge der Haarstoppeln auf den Beinen erkennen und automatisch bei Kratzgefahr die Haare wegreiben. Baby-Windeln erhalten einen Chip, der an das Smartphone der Mutter eine Nachricht twittert bei Überfüllungsgefahr. Der Fortschritt geht weiter. Aber an die Gefühle der Geräte wird auch in Zukunft niemand einen Gedanken verschwenden.

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