Grenzkonflikt Serbien und Kosovo: EU macht Kompromissvorschlag

An den beiden Grenzübergängen, die vom Kosovo übernommen wurden, sollen laut EU auch serbische Soldaten stationiert werden. Die Nato verstärkte indes ihre Truppen vor Ort.

Ein slowenischer KFOR-Soldat und ein Serbe an der Grenze. Bild: dapd

PRISTINA/BELGRAD dpa/dapd | Im neu aufgeflammten Kosovo-Konflikt liegt erstmals ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch. Das bestätigten albanische und internationale Quellen am Mittwoch in Pristina. Der Vermittlungsvorschlag der EU sehe vier Kernpunkte vor.

Danach sollen an den beiden Grenzübergängen, die vor über einer Woche von der Kosovo-Regierung übernommen wurden, zusätzlich auch Beamte der serbischen Minderheit mit regierungstreuen Zöllnern und Grenzpolizisten ihren Dienst verrichten. Das würde die Forderungen der Serben teilweise erfüllen, die auf einer alleinigen Kontrolle der beiden Grenzübergänge bestehen.

Im Gegenzug würden die Serben ihre zahlreichen Straßensperren im Norden des Landes abbauen und wieder einen reibungslosen Verkehr ermöglichen. Die umstrittenen Grenzübergänge Jarinje und Brnjak dürfen nur Autos und Busse passieren. Für den Warenverkehr blieben die Grenzen gesperrt. Die Kosovo-Regierung könnte auf einen Erfolg verweisen, weil sich der Konflikt an dem Importverbot für serbische Waren entzündet hatte.

Schließlich sollen unter Vermittlung Brüssels im September die Verhandlungen zwischen dem Kosovo und Serbien über die Zollstempel fortgesetzt werden. Serbien erkennt die Kosovo-Zollstempel nicht an, weil es damit die Anerkennung seiner früheren Provinz befürchtet. Dadurch konnten Waren aus dem Kosovo nicht nach Serbien gelangen. Als Antwort hatte die Kosovo-Regierung einen Importstopp für serbische Waren verhängt.

Nato verstärkt ihre Truppen

Die Nato hat die Truppen im Kosovo vorübergehend mit 700 Soldaten verstärkt: 550 deutsche Soldaten werden zur Unterstützung der internationalen Schutztruppe KFOR ins Kosovo gesandt. Zusammen mit 150 österreichischen Soldaten sollen sie die Truppen vor Ort entlasten. Eine Eskalation der Lage sieht die Nato im Kosovo indes nicht. EU-Vermittler Robert Cooper rief Belgrad und Pristina am Dienstag zu einer Wiederaufnahme des Dialogs auf.

Das Raketenartilleriebataillon 132 aus Sondershausen wird ab (dem morgigen) Mittwoch in die Region ausrücken, wie die Bundeswehr am Dienstag auf dapd-Anfrage mitteilte. Zu dem ORF-Bataillon (Operational Reserve Forces) der Nato gehören neben den 550 deutschen noch 150 österreichische Soldaten. Das ORF-Bataillon wird im halbjährlichen Wechsel zwischen Deutschland und Italien bereitgestellt.

Der Einsatz könne bis zu 30 Tage dauern, wenn die Lage es erforderlich mache, auch länger, hieß es. Dass es diesmal die Bundeswehrsoldaten getroffen habe, liege daran, dass das Bataillon den Status "ready" habe, es also innerhalb von sieben Tagen einsatzbereit ist; das andere Bataillon brauche 14 Tage.

Nato-Sprecherin Carmen Romero erklärte am Dienstag in Brüssel, die Verlegung sei allerdings nicht so zu interpretieren, dass die Lage vor Ort eskaliere - im Gegenteil, sie entspanne sich. Die Reservetruppen würden nur zur Unterstützung und Entlastung der Soldaten vor Ort verlegt.

Die KFOR-Truppenstärke wurde Anfang des Jahres reduziert. Mittlerweile sind nur noch 5.500 Soldaten unter Nato-Flagge im Kosovo im Einsatz, davon 900 Bundeswehrsoldaten. Die ehemalige serbische Provinz hat sich 2008 unabhängig erklärt.

Serbien: "Sie wollen Krieg"

Die serbische Regierung hat den Kosovo-Regierungschef Hashim Thaci beschuldigt, im Konflikt im Norden des Landes einen Krieg anzetteln zu wollen. "Thaci will uns in einen Krieg hineinziehen", sagte der für das Kosovo zuständige Minister in der Belgrader Regierung, Goran Bogdanovic, der serbischen Zeitung Press (Mittwoch). "Thaci schickt kriegshetzerische Botschaften, erhöht die Spannungen und unterstützt Konflikte."

Die serbische Minderheit im Norden Kosovos, die sich nicht der Zentralregierung in Pristina unterstellen will, hat ihre Barrikaden verstärkt. Demonstranten errichteten bei dem Ort Rudare auf der Transitroute von Mitrovica nach Serbien ein Metallkreuz, berichteten die Medien am Mittwoch. Der serbisch-orthodoxe Bischof Teodosije werde das sieben Meter hohe Kreuz am Donnerstag weihen.

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