Grenzwerte für Luftverschmutzung: Abermals letzte Warnung der EU

Wegen Feinstaub und Stickoxiden: Die EU-Kommission hat neun Mitgliedstaaten ein Ultimatum bis Ende der kommenden Woche gesetzt.

Feinstaub-Warnschild in Stuttgart am Abend

Auch Deutschland kriegt das Problem nicht in den Griff: Autos an einer Feinstaub-Messstation Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Seit mehr als zehn Jahren missachten Deutschland, Frankreich und sieben weitere Mitgliedsländer die EU-Grenzwerte für Luftverschmutzung. Selbst der VW-Dieselskandal und mehrere EU-Verfahren haben die Regierungen in Berlin und Paris nicht auf Trab gebracht.

Nun setzt die EU-Kommission den Umweltsündern ein Ultimatum: Wenn sie nicht bis Ende kommender Woche „neue und wirksame Maßnahmen“ gegen Feinstaub und Stickoxide ergreifen, will Brüssel Klage vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einreichen.

Dies sagte EU-Umweltkommissar Karmenu Vella nach einem Treffen mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und ihren europäischen Fachkollegen am Dienstag in Brüssel. Es handele sich um seine letzte Warnung.

Angesichts des „lang anhaltenden Scheiterns“ im Kampf gegen die Luftverschmutzung „dränge ich alle Mitgliedstaaten dazu, dieses lebensbedrohliche Problem mit der Dringlichkeit anzugehen, die es verdient“, erklärte Vella. Den Worten müssten nun endlich Taten folgen.

Im Westen der Straßenverkehr der Hauptschuldige

Das dürfte schwierig werden. Denn zum einen hat die Kommission schon mehrere „letzte Warnungen“ ausgesprochen, zuletzt am 15. Februar 2017 – ohne Erfolg. Zum anderen ist Luftverschmutzung nicht gleich Luftverschmutzung, wie auch Hendricks in Brüssel betonte.

Während die dicke Luft in Osteuropa meist auf den Feinstaub durch Kohleheizung und Kraftwerke zurückzuführen ist, ist im Westen der Straßenverkehr der Hauptschuldige. In Deutschland sind es vor allem die Dieselfahrzeuge, die die Luft mit Stickoxid verpesten.

Obwohl sich die Ursache klar benennen lässt, tut sich die Bundesregierung schwer im Kampf gegen die Schadstoffbelastung. Bei den Verhandlungen über eine Große Koalition seien keine zusätzlichen Maßnahmen geplant, sagte SPD-Ministerin Hendricks. Sie sieht die Autokonzerne in der Pflicht. Wenn Nachrüstungen an Fahrzeugen den Stickoxidausstoß mindern könnten und technisch möglich seien, sollten sie erfolgen und „von den Herstellern bezahlt werden“, sagte sie. Das sei jedoch noch nicht die Meinung der gesamten Bundesregierung.

Etwas verbindlicher äußerte sich der französische Umweltminister Nicolas Hulot. „Ich erkenne die Verantwortung meines Landes für die Luftverschmutzung an“, sagte der Minister. Allein in Frankreich sterben nach EU-Schätzungen jedes Jahr 48.000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. In Deutschland geht man sogar von 80.000 vorzeitigen Todesfällen aus. Umweltverbände wie Greenpeace und BUND haben die EU-Kommission aufgefordert, diesmal hart zu bleiben und den Druck auf die Umweltsünder zu erhöhen. Eine EU-Klage sei nun „durchaus möglich“, erklärte Hendricks.

Selbst wenn der Europäische Gerichtshof eingeschaltet werden sollte, dürften noch Monate bis zu einem Urteil vergehen. Im schlimmsten Fall droht Deutschland die Zahlung einer saftigen Geldstrafe. Die Autohersteller müssen dagegen nicht mit Problemen aus Brüssel rechnen. Dafür sorgen Mitgliedsländer wie Deutschland.

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