Griechen in Berlin: Demo gegen faschistischen Mord

Rund 300 Griechen demonstrieren am Samstag gegen die Faschisten von der "Morgenröte". Mehr eint Neu- und Altberliner nicht. Aber man kommt sich näher.

So sehen griechische Faschisten heute aus: Der Parteichef von Chryssi Avgi, Nikos Michaloliakos, im April in Athen. Bild: dpa

Samstagmittag, Sonnenschein. Hinter Absperrgittern der Polizei steht eine kleine Menschentraube. Maria, eine 27-jährige Jura-Studentin, reicht den Vorbeikommenden einen Flyer, der in fünf Sprachen erklärt, dass hier gegen die griechische Neonazipartei Chrysi Avgi, "Goldene Morgenröte", demonstriert wird. Es ertönt ein Stück von Pavlos Fyssas, dem linken Musiker, der vorigen Woche in Athen von einem Anhänger der "Morgenröte" erstochen worden ist.

Wie viele heute in Berlin zur Kundgebung kommen, weiß niemand. Maria rechnet mit großem Andrang. Sie lebt seit acht Monaten in Berlin, engagiert sich in der Griechischen Gemeinde. Als sie von Pavlos Fyssas Tod erfuhr, beteiligte sie sich an der spontanen Initiative Berliner Griechen für eine Kundgebung. Maria begrüßt die Eintreffenden mit Flyer und Handschlag. Etwa 300 werden es am Ende sein. Vor allem junge Leute und Familien. Wer erst vor wenigen Wochen aus Griechenland gekommen ist, verrät sich durch seinen Teint. David, 35, gehört nicht dazu. Er ist in Deutschland aufgewachsen. Seine Großeltern flohen als kommunistische Kämpfer nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion. Nach Jahrzehnten kehrten sie zurück in ein ihnen fremd gewordenes Griechenland.

Bei der Demo mit dabei auch die erste Generation Berliner Griechen. Menschen wie der Schauspieler und Gastronom Kostas Papanastasiou. In den 1950er Jahren kam er nach Berlin, in den 1970ern kämpfte er von hier aus gegen die griechische Militärjunta. "Die jungen Griechen sind anders aufgewachsen und müssen ihre eigenen Wege suchen, aber es ist schön, dass heute Jung auf Alt trifft", sagt er.

Das Mikrofon ist offen für jeden, der reden möchte. Die Demonstranten eint neben dem Antifaschismus wenig. Es sprechen besorgte Eltern, empörte Studenten, Wahlkämpfer und Menschen, die von Parteien nichts mehr hören wollen. Mal auf Griechisch, mal auf Deutsch. Die wichtigen Worte fallen aber abseits des Mikros. Bei den Gesprächen am Rande merken viele, dass sie nicht alleine sind. "Ich kenne auch Chrysi-Avgi-Wähler. So etwas fängt in der Familie an", sagt Panos, 32, Kulturmanager. "Bildung ist die Lösung." "Ja, zum Hass wird man erzogen", sagt Ioulios, 24, Architekturstudent. "Leider muss erst ein Grieche sterben, damit wir darüber reden."

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