Griechenlandtreffen der EU-Regierungschefs: Springprozession zur Eurorettung

Am Donnerstag wollen die EU-Regierungschefs weitere Vorhaben zur Rettung Griechenlands beschließen. Die Positionen der Deutschen sind dabei variabel.

Rechnen noch an den Modellen: Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble. Bild: dpa

BERLIN taz | Es ist nicht leicht, die Position der Regierung in der Europakrise zu bestimmen. Weil diese oft in kürzester Zeit von der Wirklichkeit überholt wird. "Europa bewegt sich in dieser ersten großen Bewährungsprobe des Euros auf Neuland", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Nicht alles, was geäußert werde, lasse sich später in die Realität umsetzen.

Sicher ist jedenfalls: Am Donnerstag ist der Tag der Wahrheit. Dann wollen die Staats- und Regierungschefs in Brüssel ein zweites Paket für die Griechenland-Rettung beschließen. Und es wird sich zeigen, was von der Idee der Regierung übrig bleibt, Banken auf freiwilliger Basis daran zu beteiligen.

Es gehe darum, "einen großen Schritt nach vorne zu machen und ein starkes Signal an die Märkte zu senden, das beruhigend wirkt", sagte Seibert. Er räumte aber im gleichen Atemzug ein: Realistischerweise müsse man davon ausgehen, dass das Treffen nicht alle Herausforderungen in der Eurozone löse.

Klar ist: Griechenland braucht bis September ungefähr 120 Milliarden Euro, um eine Staatspleite zu verhindern. Derzeit kursieren mehrere Modelle, die Privatgläubiger, also Banken, bei dieser Rettungsaktion unterschiedlich belasten und zum Teil auf eine Umschuldung hinauslaufen. Die Regierung setzt - anders als die Europäische Zentralbank - auf die freiwillige Gläubigerbeteiligung.

Angela Merkel steht unter Lösungsdruck

Derzeit würden jedoch alle Modelle gerechnet und keines bevorzugt, heißt es in Regierungskreisen. Die vielfältigen Nebenwirkungen machten die Kalkulation schwierig. Die Ministerien arbeiten dabei unter erhöhtem Zeitdruck: Eigentlich sollten weitere Griechenland-Hilfen erst nach der Sommerpause entschieden werden.

Wie hoch der Druck ist, zeigt das Reiseprogramm der Kanzlerin. Angela Merkel (CDU) wird laut dem Regierungssprecher an dem Euro-Sondergipfel in Brüssel sicher teilnehmen - noch am Wochenende hatte Merkel ihren Besuch davon abhängig gemacht, ob Resultate zu erwarten seien. Jetzt müssen diese offenbar zwingend erreicht werden.

In einem ARD-Interview hatte Merkel am Sonntag zudem erstmals eine Umschuldung des Landes nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. "Ich arbeite darauf nicht hin. Wir versuchen alles, was wir können, um etwas zu vermeiden, was noch härter ist", sagte Merkel.

Damit zeigte sie den Banken die Folterinstrumente: Die Kanzlerin spielt wohl auf Umschuldungsmodelle an, die hohe Verluste für die Gläubiger bedeuten würden. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist hingegen für ein Modell, wonach Banken ihre griechische Staatsanleihen verlängern würden, dem Land also einen Zahlungsaufschub gewähren. Diese sanftere Lösung würde nur mit moderaten Einbußen einhergehen.

"Umschuldung ist nicht die Lösung"

In der Union führte derweil die Griechenland-Rettung zum Streit. "Eine Umschuldung ist nicht die Lösung der Krise", sagte der finanzpolitischen Sprecher der Unions-Fraktion, Klaus-Peter Flosbach. Eine Umschuldung senke zwar die Staatsverschuldung, stelle aber die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands nicht wieder her.

"Auch nach einer Umschuldung bliebe Griechenland vom Kapitalmarkt abgeschnitten und müsste weiter durch seine europäischen Partner finanziert werden, bis das Vertrauen des Kapitalmarktes in die Zahlungsfähigkeit Griechenlands zurückkehrt", sagte Flosbach. Nötig sei, "dass die griechische Regierung mit aller Konsequenz die Strukturreformen weiter vorantreibt, um Vertrauen wiederzugewinnen."

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs betonte in der Passauer Neuen Presse: "Die Umschuldung muss kommen." Die Griechen selbst, aber auch ihre Gläubiger müssten ihren Beitrag leisten.

Die SPD bot der Regierung gestern ihre Unterstützung in der Europakrise an. Wenn die Kanzlerin sich zu den notwendigen, aber unpopulären Maßnahmen bereitfinde, sei die SPD bereit, sie dabei im Parlament wie in der Öffentlichkeit zu unterstützen, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel bei einem gemeinsamen Auftritt mit Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Exfinanzminister Peer Steinbrück. Letzterer erklärte, eine Umschuldung mit einem Schuldenschnitt bei Griechenland von 40 bis 50 Prozent sei unvermeidbar.

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