Griechische Parteien vor der Wahl: Sie versprechen alles

Wählen die Griechen eine sparwillige Regierung oder das Chaos? Sowohl die konservative Nea Dimokratia als auch das linke Bündnis Syriza haben gute Chancen.

Kunst oder Ausdruck von Wut? Graffitis in Athen. Bild: reuters

ATHEN taz | Wieder einmal steht Griechenland vor einem Urnengang mit völlig unklarem Ausgang. Sowohl die konservative Nea Dimokratia als auch der Überraschungszweite der letzten Wahl, das linke Wahlbündnis Syriza, machen sich Hoffnung auf den Sieg und einen Bonus von 50 Mandaten, der damit einhergeht und den Erstplatzierten zur absoluten Mehrheit verhelfen soll.

Laut Wahlgesetz dürfen in den letzten zwei Wochen vor der Wahl Umfragen zwar durchgeführt, aber nicht veröffentlicht werden. Analysten berichten von angeblichen Insider-Informationen, nach denen die Konservativen zugelegt haben, doch solche Berichte sind immer mit Vorsicht zu genießen, genauso wie die Wahlversprechen der Kandidaten.

Zwei Drittel der Wähler lehnen den Sparkurs ab, aber 80 Prozent der Befragten wollen den Euro behalten. Die Parteien versprechen eben beides. Besonders attraktiv erscheint das Wahlversprechen der Linkspartei Syriza: Griechenland soll im Euro bleiben und den Sparkurs mit sofortiger Wirkung aufkündigen, erklärt Parteichef Alexis Tsipras.

Sein wichtigster Gegner heißt Antonis Samaras und ist Chef der konservativen Nea Dimokratia. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass in den 90er-Jahren Samaras selbst ein hoffnungsvoller „Tsipras der Konservativen“ war, der es mit Ende dreißig zum Außenminister brachte, sich aber immer wieder auf Maximalforderungen versteifte, bis er seinen Hut nehmen musste.

Vor knapp zwei Wochen, bei Bekanntgabe der letzten Umfrageergebnisse, deutete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem linken Syriza-Bündnis und der konservativen Nea Dimokratia (ND) an. Die Zeitung Ta Nea meldete, ND liege mit 26,1 Prozent knapp vor Syriza, das Blatt Kathimerini berichtete dagegen, Syriza stehe mit 31,5 Prozent klar vor der ND mit 25,5 Prozent. Die sozialdemokratische Pasok kam in den Umfragen auf 9,9 bis 13,5 Prozent. Ob es für eine von Syriza bzw. der ND geführte Koalition reicht, bleibt entsprechend unklar. Gar nicht unwahrscheinlich ist auch ein Horrorszenario: Keiner Partei gelingt die Bildung einer stabilen Regierung.

Undankbarer Job als Finanzminister

Am Sonntag bekommt der 62-Jährige eine letzte Chance, Ministerpräsident zu werden, obwohl er in seiner Partei nicht unumstritten ist. Auch Samaras stellt eine Neuverhandlung des Sparprogramms in Aussicht.

Keinem steht das Wasser so sehr bis zum Hals, wie dem Sozialistenchef Evangelos Venizelos. Sein undankbarer Job als Finanzminister hat dem Rechtsprofessor viele Sympathien gekostet. Beim letzten Urnengang erzielte er das schlechteste Wahlergebnis der Parteigeschichte und vieles spricht dafür, dass er diesmal noch schlechter abschneidet und möglicherweise zum Rücktritt gezwungen wird.

Viel wird auch davon abhängen, wie die Neonazi-Partei „Goldene Morgenröte“ abschneidet, die im Mai überraschend deutlich den Einzug ins Parlament schaffte. In der letzten Woche sorgte Parteisprecher Ilias Kassidiaris für einen Eklat, als er in einer Live-Talkshow eine linke Politikerin schlug, einer anderen ein Glas Wasser ins Gesicht schüttete und aus dem Studio floh.

Kommentatoren sind der Auffassung, nach diesem Zwischenfall würden viele Protestwähler ihre Stimme für die Rechten überdenken. Jedenfalls sind die Neonazis in den letzten Tagen besonders aktiv. In Wahlkampfreden versprechen sie, in die Krankenhäuser einzumarschieren, um Immigranten hinauszuwerfen und mehr Platz für Griechen zu schaffen. Viele befürchten, dass dieses Wahlversprechen ausnahmsweise eingehalten wird.

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