Großanlage nimmt Betrieb auf: Biodiesel mit weniger Nebenwirkungen

Auf "Biokraftstoffen der zweiten Generation" ruhen die Hoffnungen von Industrie und Politik. Im sächsischen Freiberg hat die erste Großanlage den Betrieb aufgenommen.

Biodiesel aus Holz- und Pflanzenresten: Die Kanzlerin ist fasziniert. Bild: ap

Großer Bahnhof im sächsischen Freiberg: Nicht nur Kanzlerin Angela Merkel kam am Donnerstag zur Inbetriebnahme der weltweit ersten großtechnischen Anlage zur Erzeugung von synthetischem Biokraftstoff. Sachsens noch amtierender Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) schwänzte für das Ereignis sogar die Landtagsdebatte zur Sachsen LB. Und für die Partner der Betreiberfirma Choren Industries erschienen komplett die Vorstandsvorsitzenden von VW, Daimler und Shell.

Die Kanzlerin nutzte die Gelegenheit, für Klimaschutz zu werben. Technologische Fortschritte seien möglich, "wenn Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Hand in Hand arbeiten", erklärte sie. Für den Hauptgesellschafter von Choren, den Ökostromanbieter Lichtblick, nannte Geschäftsführer Heiko von Tschischwitz die Anlage "das Projekt mit der größten Entwicklungsperspektive und einer globalen Bedeutung für den Klimaschutz".

In dem neuen Werk sollen künftig pro Jahr 18 Millionen Liter sogenannter SunDiesel erzeugt werden. Im Gegensatz zu klassischem Biodiesel wird er nicht aus ölhaltigen Samen etwa vom Raps erzeugt, sondern aus Holz oder kompletten Pflanzen. Bei diesem "Biokraftstoff der zweiten Generation" ist die Klimabilanz günstiger, der Schadstoffausstoß niedriger und der Flächenbedarf geringer. Anders als bei aus Getreide oder Zucker hergestelltem Bioethanol gibt es zudem keine direkte Konkurrenz zur Verwendung als Nahrungsmittel.

Die Herstellung von Kraftstoff aus fester Biomasse wird auch als BtL (Biomass to Liquid) bezeichnet. Das in Freiberg angewandte patentierte Carbo-V-Verfahren basiert auf Forschungen, die bereits zu DDR-Zeiten im Deutschen Brennstoffinstitut erfolgten. Ziel war damals die Kraftstofferzeugung aus Kohle. Neben Choren entwickelte sich in Freiberg noch die Firma Future Energy, die ebenfalls Pflanzen zu Kraftstoff verarbeitet. Biomasse wird dabei zunächst in einem dreistufigen Verfahren vergast. Es entsteht ein Synthese-Rohgas mit den wesentlichen Bestandteilen Kohlenstoff und Wasserstoff. Dieses kann wiederum in einem Verfahren zu Kraftstoff verflüssigt werden, dessen Grundlagen bereits vor rund 80 Jahren in Deutschland entwickelt wurden.

Der in Freiberg erzeugte Biokraftstoff der zweiten Generation genügt allerdings modernsten Anforderungen. Die Kompatibilität von SunDiesel mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren ist bei VW und Daimler getestet worden. Er ist schwefelfrei und soll die Kohlendioxidbelastung im Vergleich zum fossilen Diesel um bis zu 90 Prozent reduzieren. Die in Freiberg geplante Menge entspricht dem Jahresbedarf von etwa 15.000 Autos. Um den Bedarf an Biomasse von Choren zu decken, wurden im Raum Freiberg und in Mecklenburg-Vorpommern Agrarflächen mit schnell wachsenden Pflanzen unter Vertrag genommen. Bundesweit sind fünf industrielle Großanlagen geplant. Greenpeace kritisiert, dass der enorme Rohstoffbedarf der Anlagen oh-ne Import von Energiepflanzen nicht befriedigt werden könne.

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