Großbritanniens Strafgefangene: Kein Wahlrecht im Knast

Das oberste Gericht weist die Klage zweier Häftlinge ab. Für Premier David Cameron ist das ein Sieg der Vernunft, Menschenrechtler sehen das anders.

Urnengang in der Haftanstalt? Im Vereinigten Königreich ist Tee trinken und Abwarten angesagt. Bild: dpa

LONDON taz | Das höchste britische Gericht, der Supreme Court, hat am Mittwoch die Klage von zwei wegen Mordes verurteilten Gefängnisinsassen, Peter Chester und George McGeoch, abgewiesen, bei Lokal-, nationalen Parlaments- sowie Europawahlen abstimmen zu können.

Großbritannien streitet seit Langem mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der ein generelles Wahlverbot für alle Strafgefangenen eines Mitgliedstaates für unzulässig erklärt hat. Laut EGMR darf ein Mitgliedstaat höchstens bestimmten Kategorien von Inhaftierten das Wahlrecht absprechen, beispielsweise nur solchen, die wegen besonders schwerer Verbrechen einsitzen.

Die derzeitige britische Regierung hat wegen des Drucks aus Straßburg im vergangenen Jahr eine Kommission gebildet, die entscheiden soll, welchen Häftlingen das Wahlrecht wieder zugesprochen werden kann. Denn nach wie vor gilt ein generelles Wahlverbot von Strafgefangenen in Großbritannien.

Diese Position ist trotz der entgegengesetzten EGMR-Auffassung legal, da sich Westminster aufgrund der Kommission mit einer künftigen Rechtsänderung einverstanden erklärt hat. Es wird aber damit gerechnet, dass sich die Regierung mit einer endgültigen Entscheidung Zeit lassen wird.

2012 erklärte David Cameron vor dem Unterhaus, dass „während seiner Regierungszeit“ ein Wahlrecht für Strafgefangene nicht eingeführt würde. Auf Twitter begrüßte er am Mittwoch die Entscheidung des Supreme Courts als „Sieg der Vernunft.“

Juliet Lyon, die Direktorin der Organisation Prison Reform Trust, die die Rechte von Strafgefangenen in Großbritannien verteidigt, äußerte sich verärgert über Camerons Bemerkung. Sie fragte, ob es denn vernünftig sei, „dass diese Regierung Menschenrechte missachte, dafür hohe Geldstrafen in Kauf nehme, den Rat des eigenen Generalstaatsanwalts und anderer missachte sowie die Zeit des Unterhauses und Steuergelder verschwende, nur um Strafgefangene davon abzuhalten, sich an demokratischen Wahlen zu beteiligen“.

Lyon verurteilte den Entzug des Wahlrechts zudem „als antiquierte Strafmethode des 19. Jahrhunderts, die nicht mit den modernen Methoden der Rehabilitation und Prävention vereinbar sei.

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