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Razzia in der Rigaer Straße 94 in Berlin700 gegen 15

Die Polizei hat das Hausprojekte Rigaer 94 gestürmt. Festgestellt werden sollten Personalien der Bewohner, um Räumungsklagen durchzusetzen.

Hausdurchsuchung im teilbesetzten Haus in der Rigaer Straße: 700 Polizisten sind im Einsatz Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin taz | Die Berliner Polizei hat sich am Donnerstagmorgen Zutritt zum autonomen Hausprojekt Rigaer Straße 94 verschafft und das Gebäude durchsucht. Das bestätigte Polizeisprecher Florian Nath auf Anfrage der taz. Umgesetzt werden demnach „Durchsuchungsbeschlüsse gegen 13 Wohnungen sowie 33 personenbezogene Beschlüsse“, so Nath. Hintergrund sind Räumungsklagen des Eigentümers beim Landgericht, das genauere Informationen darüber forderte, gegen wen sich die Klagen richten.

Laut Nath sei die Polizei seit 6 Uhr morgens mit 200 Be­am­t:in­nen vor Ort gewesen, 700 seien insgesamt an dem Einsatz beteiligt, auch um andere Gebäude in der Stadt, etwa das Landgericht und Büros der Eigentümer zu schützen. Um sich Zugang durch zwei verschlossene Tore zu verschaffen, seien Flexgeräte und Hydraulikspreizer eingesetzt worden. Auf dem Dach befanden sich Beamte des Höhenrettungsteams, so Nath.

Bis zum Vormittag hatte die Polizei alle Wohnungen betreten. Angetroffen wurden dabei 15 Personen, deren Personalien festgestellt wurden. Widerstand habe es laut dem Polizeisprecher keinen gegeben: „Die waren völlig perplex.“

In der jüngeren Vergangenheit war es ruhig geworden um das Symbolprojekt der linksradikalen Szene. Im Juli hatten sich die Be­woh­ne­r:in­nen erstmals seit fast einem Jahr wieder mit einem Beitrag auf ihrem Hausblog zu Wort gemeldet. Demnach seien „die meisten der verbleibenden Mietverträge im vergangenen Sommer aufgelöst“ worden. Nur noch für 5 der Wohnungen des Projektes, das sich über den Seitenflügel und das Hinterhaus erstreckt, gebe es noch Mietverträge.

Im August vergangenen Jahres hatte die taz darüber berichtet, dass ehemalige Bewohner:innen, die längst nicht mehr in dem Haus lebten, aber noch im Besitz von Mietverträgen waren, keinen weiteren juristischen Widerstand gegen Räumungsklagen leisten wollten. Hintergrund seien persönliche juristische Risiken, aber auch politische Differenzen mit der aktuellen Bewohnerschaft gewesen.

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9 Kommentare

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  • 700 gegen 15 hat wohl mit den Krawallen zu tun, die in den letzten Jahren im Zusammenhang mit dem Wohnprojekt ausgebrochen sind, wobei die wahrscheinlich nicht von den Bewohnern ausgingen, sondern von Gewaltprofis, die jeden Anlass in Berlin für Randale nutzen.

  • aus der direkten Nachbarschaft.....



    Wahnsinn was in/an der 94 seit unzähligen Jahren abgeht, der Rechtsstaat vorgeführt wird, aber auch der Rechtsstaat um sich schlägt....200 hochgerüstete Polizisten stellen die Personalien von 12 (taz schreibt von 15) ja gut 10 Personen fest und zieht wieder ab.

  • Klingt logisch, gegen gewaltbereite Linksextreme fehlte dann eigentlich nur noch das SEK, wahrscheinlich nur nicht vor Ort, weil Berlin das dann nicht auch noch bezahlen konnte. Ich hoffe, die Betroffenen haben sich mit schweren Waffen wie z.B. müffelnder Unterwäsche gebührend gewehrt. Beim Einblick in offene Münder ist allerdings der Schmerzgriff auch schon verhältnismässig.

  • "700 gegen 15". Soll das irgendwie unfair klingen? Das ist keine Schulhofrangelei und auch kein sportlicher Wettkampf. Was soll also diese Überschrift?

  • Ich hätte gerne mal 700 Polizisten gegen 15 Rechtsextreme gesehen.

    Aber linke Spektren werden offenbar als größere Bedrohung angesehen, vom Staat und vom Bürger. Ist ja auch logisch, die Rechten unterwerfen sich dem Kapitalismus und hinterfragen ihn nicht.

    Und wenn Linke antifaschistische Arbeit erledigen, z.B. rechtsextreme Chatgruppen aufdecken, dann sind Staat und Bürger erst recht alarmiert - vor linken Zecken.

    Darum, lasst uns die Rigaer zu Grabe tragen. Und mit ihr sämtliche Zufluchtsorte für marginalisierte Menschen, wie Frauen, Flüchtlinge, LGBT, Anarchos, etc.

  • Wenn das Vorgehen der Polizei rechtens ist, gibt es wohl Nichts zu meckern. Auch Hausbesitzer haben Rechte, nicht nur Hausbesetzer.

  • Das ewige Dilemma zwischen Eigentümern von Gebäuden und Besetzern die glauben über dem Gesetz zu stehen.

  • Lustig.



    Da wird es sicher interessant wie man Urbexer von Bewohnern unterscheiden will :-)

  • Aber was keiner verrät: Warum erfolgen die Hausurchsuchungen überhaupt? Welche Straftaten werden als Grund benannt? Zivilrechtliche Raumungsklage rechtfertigen keine Hausdurchsuchung!