Großflughafen-Chaos: Viele neue Fragen

Die Grünen wollen einen Untersuchungsausschuss zum BER einrichten. Der Flughafengesellschaft droht derweil neuer Ärger beim Lärmschutz.

Auf die Anwohner des BER kommen laute Zeiten zu - so oder so Bild: dpa

Rund drei Stunden hatten die beiden Berliner Grünen-Abgeordneten am Freitagvormittag ihre Nasen in Bau- und Planungsakten des künftigen Hauptstadtflughafens gesteckt. Ein ziemlich kleines Zeitfenster, um das Airport-Dickicht zu durchdringen. Zuvor mussten die Fraktionsvorsitzende Ramona Pop und der baupolitische Sprecher der Grünen, Andreas Otto, eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben. Inhaltliche Äußerungen zu den Plänen waren im Anschluss nicht erlaubt. „Es ergeben sich viele neue Fragen“, fasste Pop später zusammen. Ihr Parteikollege fügte hinzu: „Wir werden unserer Fraktion kommende Woche die Einrichtung eines Untersuchungssausschusses empfehlen.“

Diese soll mit den Oppositionsparteien abgestimmt werden, auch Gespräche mit den Regierungsparteien würden geführt, sagte Pop. „Es muss nun richtig aufgeklärt werden.“ Die Akteneinsicht habe gezeigt, dass sich offenbar seit Monaten auf der Baustelle in Schönefeld Bau- und Testphasen überschnitten hätten. Eine intensive Begleitung durch Geschäftsführung und Aufsichtsrat habe gefehlt. „Ich habe den Eindruck, dass die Dinge nicht zu Ende verfolgt wurden“, sagte Otto. Auch sei es verwunderlich, dass es nach der Aufsichtsratssitzung im Dezember 2011 nur noch eine Sitzung im April 2012 gegeben habe. Am 8. Mai war die ursprüngliche Eröffnung zum 3. Juni abgesagt worden.

Die Linkspartei signalisierte am Freitag bereits ihre Unterstützung für einen Untersuchungsausschuss, sie will kommende Woche selbst Akteneinsicht nehmen. Der verkehrspolitische Sprecher der Berliner SPD, Ole Kreins, lehnt hingegen einen Untersuchungsausschuss ab. „Wir wollen eine Aufarbeitung der Sachverhalte, aber keine Skandalisierung.“

In den vergangenen Tagen war vor allem der Schallschutz beim Flughafen wieder in den Fokus der Diskussion gerückt. Am Mittwoch hatte Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) in Potsdam überraschend ein neues Planfeststellungsverfahren zum Lärmschutz angekündigt. Dieses könne bis zum Sommer 2013 dauern, weil dafür Anhörungen und Stellungnahmen der Betroffenen notwendig seien. Hintergrund ist ein Antrag der Flughafengesellschaft, die Lärmgrenze von 55 Dezibel (Gesprächslautstärke) im Inneren der Häuser von Anwohnern künftig sechsmal am Tag überschreiten zu dürfen. Der bisherige Planfeststellungsbeschluss untersagt dies. Die Flughafengesellschaft hat jedoch ihr bisheriges Schallschutzprogramm auf der Basis der sechsmaligen Überschreitung ausgelegt – und dafür Kosten von 157 Millionen Euro eingeplant. Für einen strengeren Schallschutz, wie ihn der Planfeststellungsbeschluss vorsieht, wären aber weitere bis zu 250 Millionen Euro nötig.

Ramona Pop sieht in der erneuten Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens zum Lärmschutz die „eindeutig“ größte Gefahr für den neuen Eröffnungstermin am 17. März 2013. Die Flughafengesellschaft befinde sich in einem selbst verschuldeten Dilemma: Zusätzliche Schallschutzmaßnahmen wären teuer und wohl eine Belastung für den Berliner Haushalt. Die Alternative sei eine erneute Verschiebung des Eröffnungstermins. „Wenn das Brandenburger Verkehrsministerium der Flughafengesellschaft folgt, würde das zahlreiche Klagen der Anwohner nach sich ziehen.“ Es sei vorzuziehen, mit mehr Geld den besseren Schallschutz und damit den Termin 17. März sicherzustellen.

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